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INETRNET-ENQUETE Kommission will Bürger online an ihrer Arbeit beteiligen

28.02.2011
2023-08-30T12:16:38.7200Z
3 Min

Am Ende stand mal wieder ein Kompromiss. Im Streit um eine stärkere Online-Beteiligung der Öffentlichkeit an der Arbeit der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" wird nun eine weitere Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese Online-AG, so beschloss die Enquete-Kommission nach einer turbulenten Sondersitzung am vergangenen Montag, soll die Einführung des Beteiligungssystems Adhocracy vorbereiten.

Adhocracy - ein Internettool des Herstellers Liquid Democracy -, mit dem laut Aussage der Entwickler "Mitglieder von Organisationen gemeinsam Texte erstellen, über einzelne Absätze diskutieren und über den fertigen Entwurf abstimmen können", sollte eigentlich nach den Vorstellungen der Internet-Enquete längst installiert sein und genutzt werden können. Schon am 13. September 2010 hatten sich die Abgeordneten einstimmig für das Konzept ausgesprochen. Die IuK-Kommission des Ältestenrates hatte jedoch am 27. Januar 2011 die Einführung des Projektes auf den Internetseiten des Bundestages mit dem Verweis auf zu hohe Kosten und eine lange Einführungszeit abgelehnt.

Diese Entscheidung wurde während der Sondersitzung heftig kritisiert, insbesondere von der Opposition. Mit "fadenscheinigen Argumenten" sei die Installation von Adhocracy "abgepfiffen" worden, sagte Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen). Die Abgeordnete der Linksfraktion Halina Wawzyniak, kritisierte, dass trotz einstimmigen Votums des Fachgremiums Adhocracy an der Mehrheit der IuK-Kommission gescheitert sei. Die Ablehnung durch den Ältestenrat sei ein Rückschlag beim Bemühen um mehr Online-Beteiligung gewesen, urteilte der SPD-Abgeordnete Lars Klingbeil. Er habe in den Diskussionen um Adhocracy neben dem finanziellen Argument und dem Zeitargument auch immer wieder von einem "Angriff auf die repräsentative Demokratie" gehört. Vor einem solchen Denken könne er jedoch nur warnen, sagte Klingbeil. Auch der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz zeigte sich enttäuscht, "dass uns der Schritt zu mehr Beteiligung verbaut wurde".

Die Kritikpunkte des Ältestenrates aufgreifend hatten sich schon vor der Sitzung Sachverständige aller fünf Fraktionen zusammen gefunden und eine Beschlussvorlage erarbeitet, mit dem Angebot, die Plattform kostenfrei und innerhalb von zwei Tagen in Zusammenarbeit mit den Entwicklern von Adhocracy zur Verfügung zu stellen. Damit könne ein offizielles Werkzeug der Enquete-Kommission geschaffen werden.

Zeitnahe Umsetzung

Aus Sicht von SPD, Linken und Grünen ein gangbarer Weg, den Union und FDP jedoch nicht mitgehen wollten. Er begrüße den Vorschlag der Sachverständigen, sagte zwar FDP-Mann Schulz. Gleichwohl benötige dieser noch "kleinere Änderungen". Nach Ansicht des Unionsabgeordneten Jens Koeppen seien diese nötig, um "nicht noch einmal mit dem selben Kopf gegen die selbe Wand zu rennen". Anders als von den Sachverständigen vorgesehen soll nun entsprechend der auf Betreiben der Koalitionsfraktionen geänderten Beschlussfassung eine Online-AG die Installierung von Adhocracy vorbereiten, damit die Plattform "zeitnah" zur Verfügung gestellt werden könne, erklärte Koeppen. Da die Beteiligungsplattform nun außerhalb des Bundestages eingerichtet werde, könne sie auch nicht als offizielles Werkzeug fungieren, ergänzte er.

Als "windelweichen Kompromiss" kritisierte Constance Kurz vom Chaos Computer Club den mit den Stimmen von Union, SPD und FDP angenommenen Antrag. Eine weitere Arbeitsgruppe bedeute lediglich weitere Verzögerungen. Auch der Grünen-Abgeordnete von Notz sprach sich dafür aus, den Vorschlag der fünf Sachverständigen anzunehmen, statt "mit weiteren Modifikationen Zeit zu schinden". Neben Grünen und Linken, die sich bei der Abstimmung enthielten, versagte mit dem Ausschussvorsitzenden Axel E. Fischer auch ein Abgeordneter der Union dem Antrag seine Zustimmung. Aus Rechtsgründen könne er der Vorlage nicht zustimmen, sagte er und verwies darauf, dass das Sekretariat als Teil der Bundestagsverwaltung die Einrichtung eben dieses Tools außerhalb des Bundestags nicht unterstützen dürfe.

Fischer war es auch, der forderte, die bisherigen Beteiligungswerkzeuge wie Blogs oder Foren nicht zu gering zu schätzen. Zudem, so wandte der CDU-Politiker ein, würden nicht alle Bürger über einen Internetzugang oder ausreichend Zeit verfügen, sich zu beteiligen.