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FINANZEN Koalition verschärft Schwarzgeldbekämpfungsgesetz - SPD sieht »Eiertanz« um Strafzuschlag

21.03.2011
2023-08-30T12:16:40.7200Z
4 Min

Anlagen auf den Bahamas und in der Schweiz: Für Leute mit hohem Vermögen ist das nicht ungewöhnlich. Dass erzielte Einkünfte nicht versteuert werden, kommt ebenfalls vor. Steht der Besuch des Steuerprüfers an und hat dieser - zum Beispiel durch gekaufte Daten aus der Schweiz - Kenntnis von der Steuerhinterziehung erlangt, dann reichte es früher für eine Strafbefreiung, sich wegen der Schweizer Hinterziehungstatbestände selbst anzuzeigen. Die Bahama-Gelder konnten unter dem Teppich bleiben. Damit ist jetzt Schluss. Mit dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung (17/4182, 17/5067) werde bewiesen, "dass unionsgeführte Bundesregierungen die Steuerhinterziehung energisch bekämpfen", sagte der CDU/CSU-Finanzexperte Manfred Kolbe in der Debatte über den Gesetzentwurf, der mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen wurde. Die Fraktionen von SPD und Linken stimmten dagegen, die Grünen enthielten sich.

Das Gesetz sieht vor, dass Steuerhinterzieher bei einer strafbefreienden Selbstanzeige in Zukunft alle Hinterziehungssachverhalte offenlegen müssen und nicht nur die Bereiche, in denen eine Aufdeckung bevorsteht. Damit sollen sogenannte Teilselbstanzeigen ausgeschlossen werden. Die Koalitionsfraktionen hatten diesen Punkt bei der letzten Ausschussberatung mit einem Änderungsantrag konkretisiert. Danach ist es für eine wirksame Selbstanzeige erforderlich, dass alle unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart - zum Beispiel Einkommensteuer - vollständig offenbart werden. "Die strafbefreiende Wirkung tritt - vorbehaltlich der weiteren Bedingungen - dann für die verkürzte Steuer ,Einkommensteuer' ein", heißt es in dem Änderungsantrag.

Der Prüfer kommt

Außerdem soll die Straffreiheit nicht mehr eintreten, wenn bei einer der offenbarten Taten ohnehin die Entdeckung droht. Dies soll schon dann der Fall sein, wenn die Prüfungsanordnung bekannt gegeben wird. Bisher ist die Selbstanzeige bis zum Erscheinen des Steuerprüfers möglich. Die Strafbefreiung soll nur bis zu einer Hinterziehungssumme von 50.000 Euro gelten. Um bei höheren Summen Anreize zur Selbstanzeige zu schaffen, soll von Strafverfolgung abgesehen werden, "wenn neben der Entrichtung von Steuer und Zins eine freiwillige Zahlung von fünf Prozent der jeweiligen einzelnen verkürzten Steuer zu Gunsten der Staatskasse geleistet wird".

Wieder steuerehrlich

Man gebe damit Menschen die Chance, in die Steuerehrlichkeit zurückzukehren, sagte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Klaus-Peter Flosbach, der darauf hinwies, dass 2010 nach Selbstanzeigen zwei Milliarden Euro hinterzogene Steuern nachentrichtet wurden. Kolbe sagte, daher liege die Selbstanzeige im staatlichen Interesse, da sie zu einem höheren Steueraufkommen führe. Die Strafbefreiung sei kein Fremdkörper im Strafrecht, sondern es gebe sie auch in anderen Bereichen. Auch SPD-Länderfinanzminister würden die strafbefreiende Selbstanzeige für wirkungsvoller halten als den Einsatz von Ermittlern.

Dagegen forderte Martin Gerster (SPD) die Abschaffung der Selbstanzeige. Die SPD-Fraktion hatte dazu auch einen Gesetzentwurf (17/1411) eingebracht, den aber neben den Sozialdemokraten nur noch die Linksfraktion unterstützte. Die Koalitionsfraktionen und Bündnis 90/Die Grünen lehnten ab. Gerster kritisierte, die Koalition habe ihr Ziel verfehlt und einen "Eiertanz" um den Strafzuschlag von fünf Prozent aufgeführt. Gerster wies darauf hin, dass die FDP diesen Zuschlag noch vor drei Wochen als "verkappten Strafzuschlag" strikt abgelehnt habe, während die Union diesen Zuschlag mit der Begründung, dieser sei ein "Gebot der Steuerehrlichkeit", einführen wollte. Auch mit dem Zuschlag werde das Problem, dass sich selbst anzeigende Steuerhinterzieher gegenüber säumigen Steuerzahlern bevorzugt würden, nicht gelöst. "Eine effektive Bekämpfung der Steuerhinterziehung sieht anders aus", rief Gerster.

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Volker Wissing, warf der SPD vor, nur über das Thema Steuerhinterziehung zu reden und nicht zu handeln.: "Das ist der Unterschied zwischen Ihnen, die es nicht ernst meinen mit der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und uns, die wir Fakten schaffen." Mit schärferen Sanktionen bei der Selbstanzeige in schweren Fällen sorge man dafür, "dass der Ehrliche nicht länger der Dumme ist". Zu Zeiten von SPD-Finanzministern habe man die Selbstanzeige noch als Geschäftsmodell nutzen können. Das sei jetzt vorbei, freute sich Wissing.

Richard Pitterle (Linksfraktion) nannte die Selbstanzeige ein "Privileg für Menschen mit viel Geld". Dagegen werde ein Hartz IV-Empfänger, der etwas hinzuverdiene und dies nicht melde, "knallhart bestraft". Die strafbefreiende Selbstanzeige trage dazu bei, Steuerhinterziehung attraktiv zu machen. Die Koalition habe einen "Papiertiger" geschaffen. Gerhard Schick (Grüne) sprach von einem "großen Bluff" der Koalition, die von von einer Verschärfung spreche, während es an manchen Stellen sogar Verschlechterungen gebe. Steuerhinterzieher müssten nicht alle Hinterziehungen offenbaren, sondern nur in einer Steuerart. "Die vollständige Steuerehrlichkeit ist nicht mehr erforderlich", beklagte Schick, der kritisierte, dass die Selbstanzeige mehrfach im Leben gestattet werden könne.

Mehrere Anträge der Opposition zum Themenbereich Steuerhinterziehung (17/4670, 17/1149, 17/1765, 17/5085) lehnte die Koaltion ab.