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»Gewisse Nachlässigkeit«

STREITPUNKTE Die Kritik von Abgeordneten an der Regierung

11.04.2011
2023-08-30T12:16:41.7200Z
2 Min

Die Kritik an der Bundesregierung kam von der Spitze des Parlaments: Beim Umgang mit geltendem Recht, stellte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) kürzlich im Ältestenrat fest, habe sich eine "gewisse Nachlässigkeit eingestellt". Es war nicht die einzige Rüge, die der Parlamentspräsident in letzter Zeit der Regierung erteilte.

In einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beschwerte sich Lammert unlängst, dass das Parlament vor dem EU-Sondergipfel am 11. März, bei dem über den EU-Pakt für Wettbewerbsfähigkeit verhandelt wurde, nicht ausreichend informiert worden war. Merkel solle sicherstellen, dass das Parlament künftig "umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt" Informationen erhalte. Die Verfassungslage hinsichtlich der Unterrichtungspflicht sei "unmissverständlich". Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans betonte dagegen, die Bundesregierung sei der Meinung, "den Bundestag absolut richtig informiert" zu haben.

Auch der Umgang der Regierung mit vom Bundestag beschlossenen Gesetzen findet nicht immer die Zustimmung Lammerts und anderer namhafter Parlamentarier. Dass etwa das in der vergangenen Legislaturperiode verabschiedete Gesetz gegen Kinderpornografie im Internet von der Regierung per Erlass teilweise ausgesetzt wurde, hatte der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), schon im Januar als verfassungswidrig angeprangert; mit dieser Einschätzung wurde im März auch Lammert von einer Zeitung zitiert.

Ebenfalls für Streit sorgt die Rechtsgrundlage des von der Regierung verkündeten Atommoratoriums. Dabei beruft sich die Regierung auf Paragraf 19 des Atomgesetzes. Danach kann die Atomaufsicht anordnen, Gefahren für Leben und Gesundheit zu beseitigen. Nicht nur Kauder forderte dagegen zur Aussetzung der per Gesetz beschlossenen Laufzeitverlängerung eine gesetzliche Regelung, da keine konkrete Gefahr von deutschen Atomkraftwerken ausgehe.

Ein weiterer Kritikpunkt: Schon Anfang März zog die Bundeswehr keine Wehrpflichtigen mehr ein, obwohl der Bundestag zu diesem Zeitpunkt das Gesetz zur Aussetzung der Wehrpflicht noch gar nicht beschlossen hatte. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte dazu in einem Interview, er unterstütze die Aussetzung der Wehrpflicht, doch sei deren Vorwegnahme aus Gründen der "Selbstachtung" des Bundestages "nicht angemessen" .