In den USA tobt seit Jahren ein Krieg, den der US-Kongress lieber ignoriert, meint der ehemalige "Nationale Koordinator für Sicherheit, Infrastrukturschutz und Antiterrorismus", Richard A. Clarke. Viele Jahre hatte er Präsident Bill Clinton im Range eines Kabinettsmitglieds beratend zur Seite gestanden. Nach dem 11. September 2001 beschuldigte der "Antiterror-Zar" die nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, Präsident George W. Bush falsch über die terroristischen Bedrohungen informiert zu haben. Zermürbt trat er schließlich im Jahr 2003 von seinen Ämtern zurück und verließ endgültig das Weiße Haus.
In seinem neuesten Buch kritisiert er nicht nur Präsident Barack Obama, sondern vor allem den Kongress; keiner seiner 28 Ausschüsse und Unterausschüsse beschäftige sich mit der Gefahr von Cyberkriegen gegen die USA. Konkret bezieht sich Clarke auf Internetangriffe aus China und Russland. Der Kongress scheue vor notwendigen Regulierungsmaßnahmen zurück. Die einflussreichen Geldgeber aus der IT-Branche, die Energieunternehmen, die Leitungsbetreiber und die Telekommunikationsgesellschaften hätten dafür gesorgt, dass strenge Sicherheitsvorschriften für das Netz in weite Ferne gerückt seien. Mit zahlreichen Beispielen belegt Clarke seine These, dass sich die USA stärker vor Angriffen aus dem Internet schützen müssen. Denn die US-Wirtschaft sei wie keine andere vernetzt. Insbesondere die lebenswichtigste, "kritische Infrastruktur" könne kaum vor feindlichen "Bomben" aus dem Web geschützt werden.
Clarkes zornige Kritik passt allerdings nicht zu seinem Bericht über die Vorbereitungen des Pentagon für einen virtuellen Krieg: Seit Oktober 2009 leitet immerhin ein Vier-Sterne-General das neue "Cyber-Command". Dessen Aufgabe besteht darin, die Informationstechnologien und das Internet aktiv als Waffe einzusetzen.
Clarkes informatives und empfehlenswerte Buch vermittelt den aktuellen Stand der amerikanischen Bedrohungswahrnehmungen im Internet.
Word Wide War. Angriff aus dem Internet.
Hoffmann und Campe, Hamburg 2011; 351 S., 22 €