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Blutiger Strafsport

HEIMKINDER Anhörung zu Entschädigungsanträgen

04.07.2011
2023-08-30T12:16:45.7200Z
2 Min

Ralf Weber versagte für einen Moment die Stimme. Auf Bitten eines Abgeordneten hatte er in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am vergangenen Montag seine Geschichte erzählt. Er tat dies nicht zum ersten Mal. Doch für den Vertreter des Opferbeirates des Geschlossenen Jugendwerkshofes Torgau in der DDR ist die Erinnerung an das, was ihm die Erzieher des Heims in seiner Jugend angetan haben, immer noch schmerzhaft. Von Strafsport-Übungen, nach denen seine Kleidung blutig gewesen war, erzählte er, und davon, dass er nach seiner Ankunft stundenlang nackt im Gang stehen musste.

Klärungsbedarf

Auch in Westdeutschland wurden über Jahrzehnte hinweg Kinder und Jugendliche in Heimen von ihren Betreuern misshandelt und missbraucht. Ihrem Schicksal hat sich der Runde Tisch "Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren" angenommen. Dessen Empfehlungen wollen die Fraktionen des Bundestages nun umsetzen und gleichzeitig auch Opfer von Heimen der ehemaligen DDR entschädigen. In der Anhörung bewerteten Sachverständige die entsprechenden Anträge von Union, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen (17/6143) und Die Linke (17/6093). Viele Punkte hielten sie für klärungsbedürftig.

Probleme bei Entschädigung

Die Göttinger Rechtswissenschaftlerin Friederike Wapler verwies auf Probleme der finanziellen Entschädigung. Der Runde Tisch hatte finanzielle Hilfen für die Betroffenen empfohlen. Eine pauschalisierte Entschädigung für alle Heimkinder, wie sie die Linksfraktion empfehle, werfe das Problem auf, dass alle Heime auf die gleiche Stufe gestellt würden. Eine sogenannte Folgenlösung, wie sie der Runde Tisch nahelege, konzentriere sich auf Schäden der Opfer, die heute noch nachzuweisen seien. Dieses Vorgehen habe den Vorteil, dass Opfer ihr individuelles Leid nicht bis ins Detail nachweisen müssten. Auch Professor Christian Schrapper sprach sich für eine Orientierung an den Folgeschäden aus. Der Nachweis dafür müsse aber so gestaltet werden, dass den Opfern erneute Demütigungen erspart blieben. Das Ansinnen der Linksfraktion, allen Heimkindern eine pauschale Entschädigung zukommen zu lassen, lobte Hans-Siegfried Wiegand als einer der Opfer-Vertreter. Mahnend fügte Wiegand hinzu, er "möchte davon ausgehen, dass dies kein politisches Strohfeuer ist".