Piwik Webtracking Image

Schlagabtausch um Datensammlung

INNERES Abgeordnete streiten über die Funkzellenabfrage in Dresden

04.07.2011
2023-08-30T12:16:45.7200Z
2 Min

Seit Wochen beschäftigt das Thema die Dresdner Zeitungen, nun ist es auch im Bundestag angekommen: Eine Aktuelle Stunde zu "Einschränkungen des Versammlungsrechts", die die massenhafte Erhebung von Handydaten während der Protestdemonstrationen gegen einen Neonazi-Aufmarsch am 19. Februar in Sachsens Landeshauptstadt zum Thema hatte, geriet am Freitag zum Schlagabtausch insbesondere zwischen Koalition und Linksfraktion.

Lob für Proteste

Deren Abgeordneter Michael Leutert betonte, die Proteste gegen den Aufmarsch seien eine "zivilgesellschaftliche Leistung", auf die alle stolz sein könnten. Dass dabei über eine Funkzellenabfrage für die Strafverfolgung etwa von Gewaltdelikten gegen Polizisten oder Landfriedensbruch insgesamt rund eine Million Handydaten gespeichert wurden, sei "klar rechtswidrig". Die Maßnahme sei nur für die Verfolgung schwerer Verbrechen vorgesehen, dazu gehörten "friedliche Proteste gegen Nazis" nicht. Der Fall sei keine sächsische Angelegenheit: Auf Bundesebene sei ein gesellschaftliches Klima entstanden, in dem antifaschistisches Engagement "kriminalisiert" werde.

Obwohl SPD und Grüne die Kritik an der Datensammlung teilten, betonten sie, die Gewalt, die sich am 19. Februar vor allem gegen Polizisten gerichtet habe, sei nicht hinnehmbar. Diese Straftaten müssten verfolgt werden, sagte die SPD-Abgeordnete Daniela Kolbe. Dass die Handydaten aber auch in Akten über Bürger aufgetaucht seien, gegen die nicht aufgrund schwerer Straftaten ermittelt würde, sei "ein Skandal". Zwei Tage lang "halb Dresden" zu überwachen, sei unverhältnismäßig gewesen und habe das "Grundvertrauen" von Bürgern in den Staat beschädigt. Auch für den Grünen-Rechtsexperten Jerzy Montag wurde mit dem "Abfischen" von fast einer Million Daten "in einem unglaublichen und monströsen Ausmaß" in Grundrechte eingegriffen. Seine Fraktion werde Vorschläge zur Änderung der Strafprozessordnung vorlegen, damit sich dies nicht wiederholen könne.

Die Koalition wies die Ausführungen insbesondere der Linksfraktion heftig zurück: Die spiele sich als Hüterin des Rechtsstaates auf, sagte die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz. Dabei lenke sie doch nur von ihrem "nicht geklärten Verhältnis zum Antisemitismus" ab. Vorfälle wie in Dresden dürften sich nicht wiederholen, der "Einzelfall" müsse aber vom sächsischen Landtag und der sächsischen Regierung aufgeklärt werden. Der CDU-Abgeordnete Clemens Binninger sagte, die Funkzellenabfrage sei so erfolgt wie vom Gesetzgeber vorgesehen: zur Verfolgung erheblicher Straftaten, auf Antrag der Staatsanwalt und nach richterlichem Beschluss. Sein Fraktionskollege Patrick Sensburg warf der Linksfraktion vor, mit der thematischen Vermischung von Versammlungsrecht und Strafverfolgung, eine "Täuschungstaktik" zu verfolgen.