BUNDESTAG Der Schockstarre nach den Anschlägen in Amerika folgen Schulterschluss und Solidarität
Als Vizepräsident Rudolf Seiters (CDU) um kurz nach 11 Uhr die 185. Sitzung des Bundestages eröffnet, rechnen die Abgeordneten mit einem Tag der Zahlen und des Schlagabtausches. Es ist Haushaltswoche in Berlin, Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will dem Hohen Haus begründen, warum er im folgenden Jahr knapp zwei Prozent mehr ausgeben will. Doch es werden nicht die 2.798 Seiten des…
NEW YORK Ein deutscher Journalist macht sich auf den Weg zur Arbeit - und landet in einem Berichtsmarathon über die Attacken vom 11. September
Es begann kurz vor 15 Uhr deutscher Zeit am 11. September 2001. Meine Frau hatte mich am amerikanischen Morgen gegen 8.50 Uhr auf den Balkon unserer Wohnung in Manhattan gerufen. Von der 35. Etage aus hatte sie an jenem herbstlichen Sonnentag bei freiem Blick in Richtung Süden den Nordturm des World Trade Center brennen gesehen - genauer sein oberes Drittel. Ich wollte gerade mit dem Aufzug in…
AL-QAIDA Die islamische Welt hat sich dem »Heiligen Krieg« verweigert. Ein Glaubenskampf ist entstanden
Osama bin Laden wurde am 2. Mai 2011 getötet. In einer ersten Reaktion betonte US-Präsident Barack Obama: "Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan." Er hatte den Befehl gegeben, den Massenmörder zu liquidieren und der Hydra so einen Kopf abzuschlagen. Es gebe keinen Zweifel, dass Al-Qaida weitere Terroranschläge durchführen wolle, betonte Obama. Der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus sei…
TERRORISMUS Ein Vergleich zwischen Al-Qaida und RAF lohnt sich: Es gibt viele Gemeinsamkeiten, aber auch etliche Unterschiede
In der Gefühlswelt der Menschen ist die Sachlage relativ eindeutig: Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Sommer 2007 hielten fast drei Viertel der Deutschen den islamistischen Terror für gefährlicher als den der Roten Armee Fraktion (RAF) in den 1970er-Jahren. Immer dann, wenn bekannt wird, dass Anschläge geplant, aber verhindert wurden, steigt die gefühlte Bedrohung an…
DEUTSCHLAND Islamistische Attentäter sind oft völlig integrierte junge Männer. Am unberechenbarsten sind Einzeltäter
Als am 2. März 2011 ein in Deutschland lebender Kosovo-Albaner zwei US-Soldaten am Frankfurter Flughafen ermordete und zwei weitere verletzte, nahm die deutsche Öffentlichkeit dies erst mit einigen Tagen Verspätung und ohne großes Echo als Anschlag eines islamistischen Terroristen gegen US-Soldaten wahr. Für viele war es ein Verbrechen, das sie nicht als ein politisches einstuften. Tatsächlich…
AUSSTEIGER Yannick Nasir hat sich als bislang einziger deutscher Gotteskrieger von der Islamistenszene gelöst
Als die Frage kommt, was er sich von der Zukunft erhofft, schweigt Yannick Nasir lange. "Mein Traum für die Zukunft ist", sagt er schließlich zögernd, "dass ich ein ruhiges und sicheres Leben habe. Dass ich einfach in Sicherheit leben kann, ohne mir ständig irgendwelche Gedanken machen zu müssen." Yannicks Stimme ist klar und deutlich. Man spürt, das ist ein ernsthafter junger Mann, der genau…
INTERNET Islamistische Propaganda nutzt modernste Mittel
"Kommt zum Dschihad! Das ist der Weg zum Paradies!" Dieser schlichte Slogan aus einem deutschsprachigen Propaganda-Video steht stellvertretend für eine Entwicklung, die in den ersten Jahren nach dem 11. September 2001 undenkbar schien. Doch längst ist der "virtuelle Dschihad" auf den Computern deutscher oder deutschsprachiger Jugendlicher angekommen. Mit technisch hoch anspruchsvollen…
INNERE SICHERHEIT I Demokratien dürfen ihre Prinzipien trotz Terrorgefahren nicht preisgeben - eine Brandrede
Der Guerillakämpfer besetzt das Land, der Terrorist besetzt das Denken. Der Terrorist okkupiert nämlich die Schaltzentralen der Legislative und der Exekutive, er verseucht den Geist der Gesetze und verdirbt das Vertrauen in den Rechtsstaat. Die islamistischen Terroristen haben mit ihren Attentaten die Parlamente der demokratischen Staaten dazu getrieben, Grundrechte einzuschränken; sie haben…
USA Die Bürger haben gelernt, mit der Bedrohung umzugehen. Ein Land zwischen erhöhten Sicherheitsstandards, Populismus und Freiheit
Die USA sind heute ein anderes Land als vor dem Schicksalstag 2001. Die Bürger leben im Gefühl, der nächste Anschlag komme bestimmt; es sei nur eine Frage der Zeit. Aber sie haben gelernt, mit der Bedrohung umzugehen. Wer Regierungsgebäude oder Museen in Washington betreten will, muss Taschen und Rucksäcke für eine Kontrolle öffnen und durch einen Metalldetektor gehen. Ähnliches gilt für die…
INNERE SICHERHEIT II Nach 9/11 hat der deutsche Rechtsstaat seine Prüfung bestanden - eine Würdigung besonnener Politik
Der 11. September 2001 hat auch Deutschland hart getroffen. Denn es stellte sich heraus, dass mehrere der Terrorflieger lange in der Bundesrepublik gelebt hatten, darunter der Kopf der Bande, Mohammed Atta. Die "Hamburger Zelle" war eine wichtige Zwischenetappe auf dem Weg zu den Anschlägen. Das nicht erkannt zu haben, war ein Versagen der Terrorabwehr. Auch deutsche Sicherheitsbehörden tragen…
BUNDESTAG Neues Besucher- und Informationszentrum geplant
Droht tatsächlich ein Anschlag islamistischer Terroristen? Das fragten sich viele Menschen im Spätherbst vergangenen Jahres nach der Warnung von Thomas de Maizière (CDU), dem damaligen Innenminister. Plötzlich war sie wieder ganz aktuell: die Angst vor einem terroristischen Anschlag. Es herrschte Alarmbereitschaft auf Straßen, Bahnhöfen und Flugplätzen. Polizisten mit Maschinenpistolen…
INTEGRATION Eine populistische Islam-Debatte verstellt den Blick auf die Defizite
Die andauernde Debatte um muslimische Migranten beschäftigt sich kaum mit Inhalten. Sie ist vielmehr Projektionsfläche eines zutiefst ideologisierten Grabenkampfes und zelebriert das Unvermögen der politischen Elite, echte Konzepte und Visionen der Teilhabe und Beteiligung zu entwickeln. Es geht darum, Ängste und Befürchtungen, die in allen gesellschaftlichen Gruppen existieren, ernst zu…
BUNDESTAG "Die Integration in Deutschland gewinnt an Fahrt." Das sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), bei der Übergabe des achten Berichts über die Lage der Ausländer in Deutschland im vergangenen Jahr. Doch die nicht verstummende Diskussion um das Buch von Thilo Sarrazin zeigt: Das Thema birgt nach wie vor Brisanz in sich. Ist "Multi-Kulti" gescheitert?…
Michael Frieser (CDU/CSU) Meine Aufgabe als Integrationsbeauftragter der Unionsfraktion sehe ich vor allem in zwei Punkten: Zum einen müssen wir unsere Integrationsbemühungen stärker an ihrer Praxistauglichkeit messen. Zum anderen möchte ich werben, dass gerade wir in der Union noch stärker auf die Migranten zugehen und Integration als genuin konservatives Thema begreifen. Es muss unsere…
RÜDIGER VEIT (SPD) Wir möchten, dass alle Menschen gleiche Chancen auf Teilhabe an der Gesellschaft haben. Wo dies verwirklicht wird, ist Integration gelungen. Dabei halten wir uns an folgende Grundsätze: Erstens bedeutet Integration Zugehörigkeit. Migrantinnen und Migranten sollen sich ebenso wie Deutschstämmige mit einer vielfältigen Gesellschaft identifizieren können. Zweitens…
Serkan Tören (FDP) Politische Debatten und Programme zum Thema richten sich oftmals an zwei Polen aus. Häufig wird "der Migrant" als potenzielle Belastung für unsere sozialen Sicherungssysteme oder gar als Gefahr für die innere Sicherheit dargestellt. Andere sehen Migranten als Förderobjekt, das stets besonderer Hilfestellungen bedarf. Ich halte beide Herangehensweisen für falsch. Wir wissen…
Sevim Dagdelen (Die Linke) Die Wissenschaft ist sich weitgehend einig: Die Probleme der Mehrheit der Migrantinnen und Mi-granten haben soziale Ursachen und liegen nicht an deren Herkunft, Religionszugehörigkeit, Sprache oder Hautfarbe. So sieht es auch Die Linke: Integration ist eine soziale Frage. Deshalb ist beim Thema Integration die Verbesserung der Lebenssituation gefragt und keine…
MEMET KILIC (Bündnis 90/Die Grünen) Die Integrationsdebatte findet dauerhaft statt. Dafür brauchen wir keine Populisten wie Herrn Sarrazin. Diesen Personen sollte klar sein, dass es seit dem Zweiten Weltkrieg gesellschaftlicher Konsens ist, dass physiognomische und ethnische Merkmale nicht zu Vorwürfen gemacht werden dürfen. Unter den Vernünftigen herrscht Einigkeit, dass die Integration…
BERLIN Vorurteile und Angst führten zu wütenden Protesten beim Bau einer Moschee. Heute hat man sich aneinander gewöhnt
Könnte die Khadija-Moschee doch reden. Vielleicht würde sie dann von den Protestplakaten berichten, die ihretwegen hochgehalten wurden. Von der Wut, die ihr begegnet ist. Und davon, wie sie einen Ortsteil zerrissen hat. In die Versöhnlichen und die Wütenden. In Muslime und Christen. In Die-sollen-weg und Die-können-bleiben. Doch die Moschee schweigt. Vor fünf Jahren war das rund 4.800…
GESELLSCHAFT Terroranschläge haben Auswirkungen auf den Umgang mit Muslimen. Zwar sind sie nicht Ursache von Islamfeindlichkeit, doch nähren sie den Argwohn
Die 9/11-Anschläge haben Auswirkungen gehabt, die weit in die Zukunft reichen. Sie haben nicht nur Leben zerstört, sondern auch große Teile der Bevölkerung in einen Zustand von Bedrohung versetzt, der die Beziehungen zwischen gesellschaftlichen Gruppen beschädigt. Das Verhältnis zwischen Muslimen und Andersgläubigen, zwischen Zuwanderern und Mitgliedern der sogenannten Mehrheitsgesellschaften…
WOLFGANG BOSBACH UND GREGOR GYSI Der Vorsitzende des Innenausschusses und der Chef der Linksfraktion über die Tücken der Inneren Sicherheit, Afghanistan und Nummernschilder
Nach den Anschlägen von Norwegen: Droht auch in Deutschland verstärkt Gefahr von Seiten radikaler Islamhasser? Bosbach: Unsere Sicherheitsbehörden haben nach den fürchterlichen Anschlägen sofort überprüft, ob es Verbindungen oder Kontakte des Täters mit Deutschlandbezug gab. Bislang gibt es hierüber keine Erkenntnisse. Wir haben auch keine Hinweise darauf, dass Nachahmungstäter bei uns…
AFGHANISTAN Immer mehr Parlamentarier drängen auf ein Ende des Bundeswehr-Einsatzes
Das potenzielle Einsatzgebiet ist gewaltig: Es umfasst neben den Nato-Mitgliedsländern die gesamte arabische Halbinsel, Mittel- und Zentral- asien, Nord-Ost-Afrika und die angrenzenden Seegebiete. In diesem Raum sollen bis zu 3.900 deutsche Soldaten operieren können im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Auch wenn im entsprechenden Antrag der Bundesregierung (14/7296) festgehalten ist,…
BUNDESWEHR 52 deutsche Soldaten sind seit 2002 in Afghanistan ums Leben gekommen
Es ist kein Attentat wie jedes andere: Am 18. Februar 2011 eröffnet ein Afghane in einem Außenposten der Bundeswehr in der Provinz Baglan das Feuer und erschießt drei deutsche Soldaten. Es sind nicht die ersten Toten, die die deutschen Streitkräfte seit Beginn ihres Engagements in Afghanistan zu beklagen haben. Aber die drei toten Bundeswehrsoldaten symbolisieren in besonderer Weise, wie…
Abzug aus Afghanistan bis 2014 - ist das realistisch? In drei Ländern ist der Abzug aus innenpolitischen Gründen eine Notwendigkeit: in den USA, in Afghanistan und in Deutschland. Und deswegen ist ein Abzug in 2014 realistisch. Wird die afghanische Regierung bis 2014 die Sicherheitsverantwortung für das Land so übernehmen können, dass sich der Abzug der internationalen Truppen…
ISAF Harmloser Zivilist oder mörderischer Feind? Von der richtigen Einschätzung hängt das Überleben deutscher Soldaten ab
Ob Mohammed Naim ein wichtiger Taliban-Kämpfer ist oder nur ein Mitläufer, dürfte die Öffentlichkeit so schnell nicht erfahren. Am 6. März stellten ihn Bundeswehrsoldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) wenige Kilometer westlich der nordafghanischen Stadt Kundus, afghanische Polizisten nahmen ihn fest: Mohammed Naim soll am Karfreitag 2010 an dem Gefecht beteiligt gewesen sein, bei dem in…
BÜNDNIS Wie aus Deutschlands uneingeschränkter Solidarität mit den USA ein Nein zum Irak-Krieg wurde, das transatlantische Verhältnis sich abkühlte und ein Bundestagswahlkampf in Vorderasien entschieden wurde
Noch am Tag der Terroranschläge in New York und Washington sicherte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) den USA die "uneingeschränkte Solidarität" Deutschlands zu; drei Tage später versammelten sich 200.000 Menschen in Berlin am Brandenburger Tor zur Solidaritätskundgebung, zu der alle im Bundestag vertretenen Parteien aufgerufen hatten. Der neue amerikanische Botschafter Dan Coats dankte den…
ÄGYPTEN Noch ist der Traum von Demokratie nicht ausgeträumt. Setzt sie sich durch, werden sich andere arabische Staaten diesem Sog nicht entziehen können
Als die Ägypter am 11. Februar dieses Jahres den Diktator Husni Mubarak nach 30 Jahren an der Macht aus dem Präsidentenpalast verjagten, schien am Nil der Weg Richtung Demokratie frei zu sein. Und mehr noch: Als Regionalmacht im Nahen Osten sollte Ägypten nach Tunesien ein weiterer Dominostein sein, der die Theorie stützt, wonach in der arabischen Welt nun eine Diktatur nach der anderen ihr…
GUANTANAMO Die deutschen Reaktionen auf das US-Camp schwankten zwischen Empörung und Zurückhaltung. Dass Obama das Lager nicht zügig schließen kann, sorgt für Ratlosigkeit
Will man ermessen, was Guantanamo heute in Deutschland bedeutet, annähernd zehn Jahre nachdem der erste mutmaßliche islamistische Terrorist von den US-Streitkräften dort inhaftiert wurde, so ist ein Blick auf die künstlerische Rezeption womöglich ergiebiger als das Studium von Bundestagsdrucksachen. Da werden Aufführungen klassischer Theaterstücke mit Bildern aus dem Gefangenenlager auf dem…
DER FALL KURNAZ Das Schicksal des Bremer Türken und Guantanamo-Häftlings beschäftigte zwei Untersuchungsausschüsse des Bundestages. Nicht alle Vorwürfe konnten geklärt werden
Max Stadler, als FDP-Abgeordneter bis 2009 in der Opposition, blickt zurück: "Der Bundestag hat im Fall Murat Kurnaz erfolgreiche Aufklärungsarbeit geleistet." So sieht es auch Michael Hartmann (SPD), damals als ein Vertreter der Großen Koalition Gegenspieler Stadlers: "Wir sind im Untersuchungsausschuss unserer Aufgabe gerecht geworden." Als Beleg für den Erfolg gelten beiden Politikern die…
VÖLKERRECHT Debatte um Ermordung von Osama bin Laden
Die Nachricht vom Tode Osama bin Ladens, der von einer US-amerikanischen Spezialeinheit im Mai dieses Jahres in der pakistanischen Stadt Abbottabad erschossen wurde, beherrschte über Tage hinweg die öffentliche Diskussion. In die allgemeine Erleichterung mischte sich bald die Frage, ob die Kommandoaktion mit den Regeln des Völkerrechts vereinbar ist. In der Tat gelten völkerrechtliche…
Ulrich Schäfer, Wirtschaftsjournalist und Ressortleiter bei der "Süddeutschen Zeitung", glaubt, zehn Jahre nach den Anschlägen des 11. Septembers die wahren Motive und Ziele des islamistischen…
Der Journalist Michael Jürgs hat ein informatives und empfehlenswertes Sachbuch über das Bundeskriminalamt (BKA), seine Geschichte, seine Struktur und seine Ermittler vorgelegt. Besonders spannend…
Die Flugzeugentführer 19 Männer waren an der Entführung der Flugzeuge beteiligt. Vier von ihnen gelten als Haupttäter, die die Maschinen gesteuert haben sollen: Der Ägypter Mohammed Atta gilt…
Nach dem 11. September 2001 wurden in Deutschland zahlreiche Gesetze verabschiedet, die auf den Terroranschlag zurückgingen. Eine Übersicht. Sicherheitspaket I Nach dem 11. September…
Übersicht ausgewählter Terroranschläge mit islamistischem Hintergrund seit 1993: 26. Februar 1993 Bei einem Bombenanschlag auf das World Trade Center in New York sterben sechs Menschen, mehr…