Piwik Webtracking Image

Ein Unentschieden, das niemandem hilft

Internet-Enquete Keine Mehrheit für Handlungsempfehlungen zu Netzneutralität

24.10.2011
2023-08-30T12:16:50.7200Z
3 Min

Was lange währt, wird nicht immer gut. Das gilt auch für die Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" und ihren Versuch, Handlungsempfehlungen zum Thema Netzneutralität zu verabschieden. Es geht um die vom Netzbetreiber zu gewährende grundsätzliche Gleichbehandlung aller Inhalte bei der Durchleitung im Internet. Trotz zweimaliger Verschiebung fand auch während der Sitzung am 17. Oktober weder die von der Projektgruppe "Netzneutralität" in ihrem Zwischenbericht enthaltene Vorlage noch der von der Opposition eingebrachte Alternativtext eine Mehrheit. Bei den Abstimmungen nach fünfstündiger Sitzung gab es ein Unentschieden. Ein Unentschieden, das wohl niemandem hilft. Mag die Opposition es als kleinen Erfolg verbuchen, dass die Koalition mit ihrer eigentlich vorhandenen Mehrheit ihre Forderungen nicht durchbringen konnte, so steht die Enquete-Kommission im Bereich Netzneutralität doch ohne echtes Ergebnis da. Statt mehrheitlich verabschiedeter Handlungsempfehlungen gibt es nun lediglich zwei Sondergutachten.

Vertrauen in den Markt

Strittigster Punkt war die Frage, ob die Netzneutralität gesetzlich festgeschrieben werden solle. Nein, sagte während der Sitzung beispielsweise Peter Tauber (CDU), Vorsitzender der Projektgruppe "Netzneutralität". Die gegebenen Instrumente seien durchaus ausreichend, habe auch der Präsident der Bundesnetzagentur im Gespräch mit den Projektgruppenmitgliedern bestätigt. Derzeit gebe es in Deutschland keine akute Gefährdung der Netzneutralität, urteilte Tauber. Auch der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz sieht derzeit keine Verstöße gegen die Netzneutralität und daher auch keinen Bedarf an einer gesetzlichen Verankerung. "Der Markt kann das sehr wohl regeln", sagte Schulz. Sei es bisher zu Verletzungen der Netzneutralität gekommen, habe die Bundesnetzagentur "vermittelnd eingegriffen".

Gesetzliche Lösung

Aus Sicht der Opposition muss hingegen die Netzneutralität gesetzlich festgeschrieben werden. Diese Forderung sei im Sondervotum der Opposition enthalten, sagte Martin Dörmann (SPD). Im Text der von der Bundesregierung vorgelegten Novelle des Telekommunikationsgesetzes finde sich noch nicht einmal das Wort Netzneutralität, kritisierte er. Hier nur auf die Bundesnetzagentur zu vertrauen, ohne konkretere Vorgaben zu machen, sei nicht ausreichend. Von einer Überregulierung durch die gesetzliche Festschreibung könne zudem nicht die Rede sein. Vielmehr werde so die benötigte Rechtssicherheit geschaffen, betonte Dörmann. Unterstützung erhielt er von der durch die Linksfraktion benannten Sachverständigen Constanze Kurz vom Chaos Computer Club. Sie verwies darauf, dass es gerade im Bereich des Mobilfunkmarktes eine "partielle Machtlosigkeit der Bundesnetzagentur" gebe.

Ebenfalls heftig umstritten war, ob künftig unterschiedliche Diensteklassen für unterschiedliche Entgelte durch die Netzbetreiber angeboten werden dürfen. Hier sagt die Koalition Ja. Unterschiedliche Diensteklassen und das Best-Effort-Prinzip, was eine bestmögliche Datenweiterleitung durch die Diensteanbieter vorsieht, könnten laut Peter Tauber nebeneinander bestehen. Der von der FDP nominierte Sachverständige Hubertus Gersdorf urteilte, "dass sehr wohl eine Differenzierung von Diensten zulässig ist". Entscheidend sei, so der Jurist, "dass es sachlich gerechtfertigt ist". Blogger Markus Beckedahl, von den Grünen als Sachverständiger benannt, sagte hingegen: "Die Etablierung von Diensteklassen, zumal mit bevorzugtem Transport gegen Aufpreis, ist für uns kein zukunftsweisender Weg für die Architektur des freien und offenen Internets." Der "Mythos der Kapazitätsengpässe" sei zudem entzaubert, sagte Beckedahl. Die Einführung von Diensteklassen sei daher nicht nötig. Auch Constanze Kurz konnte keine Kapazitätsengpässe erkennen. Auf Nachfrage der Enquete-Kommission hätten die Provider keine Zahlen nennen können, die den Verdacht erhärtet hätten, sagte sie.