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Im Verborgenen

Rüstungsexport Opposition kritisiert späte Vorlage des Regierungsberichts und fordert Transparenz bei Genehmigungen

24.10.2011
2023-08-30T12:16:51.7200Z
3 Min

Deutschland wird auch in Zukunft Kriegswaffen und andere Rüstungsgüter exportieren. Forderungen der Linksfraktion nach einem Exportstopp in mehrere arabische Länder und nach Israel (17/5935-17/5950) lehnte der Bundestag am vergangenen Donnerstag auf Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (17/6335) in namentlicher Abstimmung ab. Während der Debatte wurde zudem über die Frage diskutiert, ob der Bundestag künftig bei Exporten von Rüstungsgütern mitentscheiden soll. Hintergrund sind geplante Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien, von denen die Öffentlichkeit erst durch Medienberichte erfahren hatte.

Während Reinhard Brandl (CDU/CSU) ebenso wie Martin Lindner (FDP) eine Parlamentsbeteiligung ablehnte, sprachen sich Oppositionsvertreter dafür aus, um so zu mehr Transparenz zu kommen. Aber auch aus den Koalitionsfraktionen gab es Kritik am derzeitigen Verfahren.

Restriktives Vorgehen

In der Frage der Rüstungsexporte sei exekutives Handeln gefragt, sagte Martin Lindner (FDP). "Dabei wird es auch bleiben", machte er deutlich. Bei den Exporten müsse "restriktiv und maßvoll unter Wahrung der sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland vorgegangen werden", sagte Lindner. SPD und Grünen warf er vor, unter einer Teil-Amnesie zu leiden, wenn der Eindruck erweckt werden solle, dass unter Schwarz-Gelb Rüstungsexporte dramatisch gestiegen seien. Tatsächlich seien Waffenexporte mit einem seitdem nicht mehr erreichten Umfang von 33 Millionen Euro 2005 unter Rot-Grün nach Tunesien und mit 23 Millionen im Jahre 2007 unter Beteiligung der SPD nach Libyen beschlossen worden. Damals wie heute, so Lindner, sei die Menschenrechtssituation ein "wichtiges, aber nicht das ausschließliche Kriterium" gewesen.

Würde man jedes Mal eine öffentliche Debatte führen, gäbe es keine Exporte mehr, sagte der Unionsabgeordnete Brandl. Durch die Geheimhaltung behalte die Bundesregierung vielmehr einen größeren Entscheidungsspielraum, "auch für eine Ablehnung der Anfragen". Wäre dies anders, käme eine solche Ablehnung einer öffentlichen Brüskierung gleich.

Abwägen

Sein Fraktionskollege Erich Fritz verwies darauf, dass jede Regierung bei Anfragen abwägen müsse, um im Einzelfall verschiedene Gesichtspunkte in Einklang zu bringen. Dies gelinge jedoch nicht immer, räumte er ein. Dass der für die Waffenexporte zuständige Bundessicherheitsrat nicht öffentlich tage, sei richtig, betonte Fritz. Wenn dann aber "fast wörtliche Abläufe des Bundessicherheitsrates" in der Presse erscheinen würden, halte er das als Parlamentarier für "schwer erträglich". Daher sei die geführte Debatte wichtig, weil das Parlament in seiner jetzigen Rolle nicht verbleiben könne.

Klaus Barthel (SPD) räumte in der Debatte Fehler früherer Bundesregierungen mit sozialdemokratischer Beteiligung ein. Diese Fehler dürfte man aber nicht fortsetzen, sondern müsse daraus lernen. Schwarz-Gelb tue dies jedoch nicht, kritisierte er. Rüstungsexporte in Nicht-EU-Länder, so Barthel, sollten die Ausnahme und nicht die Regel sein. Unter Union und FDP sei dies jedoch anders. Das Verhalten der Bundesregierung in der Frage der Waffenexporte sei von einem voraus eilendem Gehorsam gegenüber der Rüstungsindustrie geprägt, befand Barthel und stellte klar: "Wirtschaftliche Interessen dürfen nicht das Leitmotiv der Exporte sein."

Exportbericht angemahnt

Die Grünen-Abgeordnete Katja Keul empörte sich, es könne nicht angehen, dass das Parlament auf Recherchen des "Magazins "Spiegel" angewiesen sei, um die Beweggründe der Bundesregierung für den Export von Kampfpanzern nach Saudi-Arabien zu erfahren. "Die Regierung darf nicht weiter im Verborgenen agieren", forderte sie. In Großbritannien, so Keul, sei man da weiter. Dort müsse die Regierung vierteljährlich alle Genehmigungen zum Rüstungsexport bekannt machen, damit sie in einem parlamentarischen Gremium diskutiert werden könnten. "Wir hingegen warten immer noch auf den Exportbericht für 2010." Der britische Parlamentsausschuss, so Keul, habe die Regierung veranlasst, 160 Exportgenehmigungen in Länder des "arabischen Frühlings" entschädigungsfrei zu widerrufen. Die Bundesregierung habe hingegen nach eigener Aussage keine einzige Genehmigung für die Ausfuhr von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in arabische Länder widerrufen.

Lieferungen nach Ägypten

Zum Studium eines aktuellen Berichtes von Amnesty International zu Waffenexporten in arabische Länder riet Jan van Aken (Die Linke). Darin sei nachzulesen, dass auch mit Waffen aus Europa Demonstranten getötet worden seien. "Deutschland war da ganz vorn dabei", so van Aken mit Blick auf deutsche Waffen. In den vergangenen zehn Jahren seien Genehmigungen zur Lieferung von Rüstungsgütern unter anderem nach Saudi-Arabien im Umfang von 665 Millionen und nach Ägypten im Umfang von 268 Millionen Euro erteilt worden. Das sei "unerträglich", da bekannt gewesen sei, dass in diesen Ländern die Menschenrechte nicht beachtet werden und sie sich in Kriegs- und Krisensituationen befunden hätten, urteilte van Aken.