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Duell zweier Zugewandter

SAARLAND Bei den Neuwahlen zeichnet sich eine Mehrheit für eine Große Koalition ab. Die Linke bietet sich der SPD als Partner an

23.01.2012
2023-08-30T12:17:23.7200Z
3 Min

Es ist ein erstaunliches Bild, das Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Heiko Maas (SPD) vermittelten. Obwohl die Sondierungsgespräche der Ministerpräsidentin und des SPD-Fraktionschefs über eine Große Koalition im Saarland gescheitert sind, übten sich beide in Harmonie, als sie vergangenen Donnerstag Neuwahlen bekanntgaben. Übereinstimmend begründeten beide auch die Entscheidung, an der Saar nach der Aufkündigung der "Jamaika"-Koalition mit FDP und Grünen durch Kramp-Karrenbauer Neuwahlen anzuberaumen. Angesichts der "großen strukturellen Probleme" des Landes "braucht eine Regierung eine Legitimation für fünf Jahre", sagte die CDU-Politikerin. Die SPD sei an stabilen Verhältnissen interessiert, assistierte Maas, derzeit hätte eine Große Koalition den "Charakter einer Übergangsregierung".

So entsteht der Eindruck, eigentlich seien Union und SPD zur Elefantenhochzeit entschlossen - nur nicht jetzt, sondern später. Aber ist dieses Bündnis tatsächlich ein Selbstläufer mit einem Wahlkampf als Vorspiel? Solche Rechnungen lassen den Chef der saarländischen Linksfraktionschef, Oskar Lafontaine, außer Acht, der dieses Techtelmechtel auf die Probe stellen dürfte.

Der saarländische Landtag wird voraussichtlich noch in dieser Woche den Weg für Neuwahlen frei machen. Das Landtagspräsidium will den Termin für eine Sondersitzung zur Auflösung des Parlaments an diesem Montag festlegen. Als Wahltermin gilt der 25. März als wahrscheinlich.

Inhaltliche Konflikte

Jamaika, einst als innovatives Modell gepriesen, ist schon fast abgehakt. An die Wand gefahren hat diese Konstellation vor allem die Saar-FDP mit einer personellen Harakiri-Show der Extraklasse. Doch diese Querelen verdecken, dass auch die inhaltlichen Konflikte der drei Parteien in den vergangenen Monaten zugenommen hatten, etwa in der Industrie-, der Energie- und der Verkehrspolitik. Gleichwohl zeterte Grünen-Saarchef Hubert Ulrich, der diese Koalition nach wie vor für "richtig" hält, es habe keinen Grund für ein vorzeitiges Ende des Bündnisses gegeben.

Nach dem Aus für Jamaika vor gut zwei Wochen strebte die CDU mit Verve eine große Koalition an, um an der Macht bleiben zu können. Die Christdemokraten waren bereit, der SPD weit entgegenzukommen. Die Gespräche hätten auch "viele Gemeinsamkeiten" und "große inhaltliche Schnittmengen" offenbart, bilanzierte Kramp-Karrenbauer, es gebe keine Unterschiede, "die nicht vernünftig miteinander zu besprechen wären". In der Tat traten bei zentralen Themen wie Wirtschaft, Industrie und Energie keine unüberbrückbaren Gegensätze zutage. Differenzen zur Gemeinschaftsschule wären wohl ebenso zu überwinden gewesen wie Meinungsunterschiede beim Tariftreuegesetz. Es existierten "viele gute Gründe für eine große Koalition", sagte Maas.

Doch der SPD-Chef hatte in seiner Partei den Widerstand gegen ein solches Bündnis und den Ruf nach Neuwahlen zunächst unterschätzt. Dann zog Maas die Notbremse und baute in die Verhandlungen als Sollbruchstelle die Forderung ein, die regulären Wahlen im Herbst 2014 auf den Tag der Bundestagswahl 2013 vorzuziehen. Dies wollte die CDU nicht akzeptieren.

Nach Umfragen zeichnet sich für den künftigen Landtag eine Mehrheit für die große Koalition oder Rot-Rot ab. Es grenzte an ein Wunder, schaffte die FDP den Sprung ins Parlament. Weder für Schwarz-Grün noch für Rot-Grün dürfte es reichen. Die CDU hat nur die SPD als Bündnisperspektive. Werden Union und SPD einen Kuschelwahlkampf führen, bei dem es nur noch um die Frage geht, wer die Nummer eins wird?

Lafontaine will Neuanfang

Als Zünglein an der Waage positioniert sich Lafontaine, der energisch für Rot-Rot plädiert. Indes stellt er für einen "politischen Neuanfang" die Bedingung, dass an der Saar die Schuldenbremse nicht über Einsparungen, sondern über mehr Einnahmen durch höhere Steuern für Vermögende und Spitzenverdiener umgesetzt wird. "Sozialabbau und Einschnitte bei der Bildung" müssten tabu sein. Listig erinnert Lafontaine daran, dass auch Maas bis vor kurzem die Schuldenbremse attackiert hat. Doch Maas hat diese Position geräumt. Wegen dieses Themas sieht er auch keine Basis für Rot-Rot. Indes stößt ein solches Bündnis an der SPD-Basis und bei den Gewerkschaften durchaus auf Zuspruch. Verschafft Lafontaines Nein zur Sparpolitik der Linken Auftrieb, könnte die SPD entgegen Umfrageprognosen doch hinter der CDU landen. Will Maas dann Regierungschef mit Rot-Rot oder Nummer zwei hinter Kramp-Karrenbauer werden? Spannende Zeiten.