Zum Jahreswechsel verursachte Teherans Führung erneut eine politische Krise, als sie drohte, die Straße von Hormus zu schließen. Ein Marinemanöver beunruhigte nicht nur die westlichen Industrienationen, sondern auch die asiatischen Ölimporteure - an der Spitze China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das Reich der Mitte gibt jährlich Milliarden US-Dollar aus, um derartige Krisen zu verhindern und zuverlässige Energielieferungen in die "Fabrik der Welt" sicherzustellen. Zugleich rüstet Peking auf den Weltmeeren massiv auf.
Die Wissenschaftler Yoshi Yoshihara und James R. Holmes, Dozenten am Institut für Strategie und Politik des Naval War College in Newport, veröffentlichten jetzt ein herausragendes Buch über die Auswirkungen der chinesischen Strategie, die sich je nach Lage mal kooperativer oder konfrontativer Mittel bedient, auf die amerikanische Sicherheitspolitik in Asien. Zu ihrem besonderen Kennzeichen gehört, dass die chinesische Führung im Allgemeinen ihre Interessenpolitik unter dem Deckmantel des Strebens nach "Harmonie" zu verbergen sucht. Wenn es um den freien Zugang zu den Weltmeeren geht, verschleiert Peking seine Ziele nicht: China wolle eine "mächtige Volksmarine" aufbauen, die "ihre historische Mission in einem neuen Jahrhundert" erfüllen werde, versicherte Präsident Hu Jintao. Die Flotte solle die "glorreiche Aufgabe" übernehmen und die chinesischen Interessen "zu jeder Zeit" wahren, vor allem aber müsse die Marine "die Zugänge" zu den Rohstoffgebieten dauerhaft offenhalten.
Die Autoren der Studie betonen, dass die Europäer die zukünftigen Aufgaben der Marine eher in Polizeieinsätzen sähen als in der Auseinandersetzung mit feindlichen Flotten. Die USA aber, die ihre Rolle als oberste Beschützerin der freien Schifffahrt und als Wächterin über die Seewege definierten, beobachteten den maritimen Aufstieg Chinas mit Sorge. Denn ein "ebenbürtiger Mitbewerber" oder gar ein Rivale auf hoher See würde die nationalen Interessen Amerikas bedrohen.
Der Rote Stern über dem Pazifik. Chinas Aufstieg als Seemacht - und wie antworten die USA.
Mittler Verlag, Hamburg 2011; 258 S., 24,95 €