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Aschot Manutscharjan
Kurz notiert

Wie kam es dazu, dass einige kleinere Staaten am Westrand Eurasiens um das Jahr 1500 begannen, ihren Einfluss über die ganze Welt auszudehnen und wesentlich bevölkerungsreichere Landmassen zu erobern? Mit dieser Fragestellung gibt sich der renommierte Wirtschaftshistoriker Niall Ferguson nicht zufrieden. Vielmehr will er wissen, ob sich auf der Grundlage dieser Erfolgsgeschichte gleichzeitig der Aufstieg des Ostens prognostizieren lässt. Sind wir tatsächlich Zeugen des Endes der westlichen Vormachtstellung und damit des Abstiegs jener Zivilisation, die im Gefolge von Renaissance und Reformation, Aufklärung und Industrialisierung ihren Zenit erreichte? Wer ist dafür verantwortlich?

Ohne zu zögern verweist Ferguson auf die Politik von US-Präsident George W. Bush. Er habe sich in die Abhängigkeit des ostasiatischen Kapitals begeben, um das Haushaltsdefizit und die niedrige Steuerquote zu finanzieren. "Der Niedergang des nie proklamierten amerikanischen Imperialismus" sei im Herzen des Imperiums selbst herbeigeführt worden: "Hätte der amerikanische Konsument nicht auf billige chinesische Arbeitskräfte und billiges chinesisches Kapital zurückgreifen können", fiele die Weltfinanzkrise heute nicht so vernichtend aus.

Anhand einer umfassenden geschichts- und wirtschaftswissenschaftlichen Darstellung und Analyse der Bereiche Wettbewerb, Wissenschaft, Eigentumsrechte, Medizin, Konsumgesellschaft und Arbeitsethik erläutert der Harvard-Professor das Wesen der "westlichen Zivilisation". Die von Ferguson ausgewählten Merkmale hätten den Westen vom Rest der Welt unterschieden und seine globale Machtstellung begründet. Inzwischen hätten die Chinesen den Kapitalismus "übernommen". Dies bedeute jedoch nicht, dass die westliche Art die Dinge zu gestalten, überholt sei. Vielmehr blühe und gedeihe sie allenthalben. Fergusons optimistisches Fazit lautet denn auch: Das westliche "Gesamtpaket" ist noch immer am besten geeignet, um die Probleme des 21. Jahrhundert zu meistern.

Niall Ferguson:

Der Westen und der Rest der Welt. Die Geschichte vom Wettstreit der Kulturen.

Propyläen Verlag. Berlin 2011; 559 S., 24,99 €

Aus Politik und Zeitgeschichte

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