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Herzkammer des Standorts

industrie Bundestag einig über die Bedeutung des Produktionsgewerbes. Sichere Energieversorgung verlangt

13.02.2012
2023-08-30T12:17:25.7200Z
3 Min

Beim Ziel herrscht Einigkeit: Die deutsche Industrie ist der wichtige Kern des Wirtschaftslebens und verdient Unterstützung. Aber wie die aussehen soll und was zuerst zu tun ist, darüber gingen die Ansichten imBundestag am Donnerstag weit auseinander.

In der Debatte über zwei von der SPD-Fraktion (17/8572) und den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP (17/8585) eingebrachten Anträgen würdigte Hubertus Heil (SPD) die Lage der deutschen Industrie: "Dass wir heute besser dastehen, ist kein Wunder und kein Zufall, sondern Ergebnis harter Arbeit - auch schmerzhafter Strukturreformen", sagte der SPD-Abgeordnete. Es gebe jedoch keinen Anlass zu Selbstzufriedenheit oder Überheblichkeit.

Saubere Energieversorgung

Eine der größten Herausforderungen "ist eine sichere, eine saubere, eine versorgungssichere und eine bezahlbare Energieversorgung", sagte Heil. Die Bundesregierung fahre durch die sich blockierenden Minister Philipp Rösler (FDP, Wirtschaft) und Norbert Röttgen (CDU, Umwelt) die Energiewende vor die Wand und sei damit "das größte Standortrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland". Deutschland müsse ein erfolgreiches Industrieland bleiben. In ganz Europa brauche man eine Stärkung der industriellen Basis und nicht der Finanzwirtschaft. Daher müsse es eine Finanztransaktionssteuer geben, um mit deren Aufkommen ein europäisches Aufbauprogramm für die Wirtschaft schultern zu können.

Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) sah große Probleme durch eine um sich greifende Technikfeindlichkeit. Sei Deutschland früher das Land der Tüftler und Erfinder gewesen, so erlebe er heute viele "Nörgler und Neinsager". In Schwellenländern sei dagegen eine Begeisterung für die Chancen der Technik zu beobachten. "Wir brauchen neue Technikfreundlichkeit in unserem Land", forderte Pfeiffer, der den Wegzug der grünen Gentechnik-Sparte von BASF als "größtes Fanal" bezeichnete. Zentrale Handlungsfelder seien die Rohstoffversorgung und die Energiesicherheit. Die Strompreise für die Industrie seien in Deutschland um 40 Prozent höher als in Frankreich.

Die Arbeitnehmer seien durch die Politik der Regierung demütigenden Arbeitsbedingungen und Niedriglöhnen ausgesetzt, beklagte Ulla Lötzer (Die Linke). Finanzmarktakteure hätten mit Spekulationen und maßlosem Druck auf Maximalrenditen großen Schaden in der Industrie angerichtet. Lötzer verlangte zur Rohstoffsicherung eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und kritisierte das Rohstoffabkommen mit dem kasachischen Diktator. In dessen Land seien demonstrierende Arbeiter erschossen worden. "Rohstoffpolitik ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Sie muss an soziale, menschenrechtliche und ökologische Bedingungen geknüpft werden", verlangte Lötzer.

»Risiken von der SPD«

Martin Lindner (FDP) warf der SPD vor, einen "Katalog von Risiken" erstellt zu haben. Mit den Sozialdemokraten seien weder grüne Gentechnologie noch die CCS-Technologie zu machen. Auch das "Fracking", die Förderung von unkonventionellem Erdgas, werde abgelehnt. "Überall sind sie weg, wenn's um die Wurst geht und werden zum Vegetarier", spottete Lindner.

Zur Rohstoffversorgung sagte der FDP-Politiker, kaum habe die Bundesregierung "dieses hervorragende Abkommen mit Kasachstan unterschrieben, geht das Geheule der Opposition doch wieder los. Wenn wir Rohstoffpartnerschaften auf Gebiete beschränken, wo die freiheitlich-demokratische Grundordnung gilt, dann werden wir nichts ausbuddeln können."

Kerstin Andreae von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bekannte sich zum Industrieland Deutschland. Die Industrie sei Partner für die ökologische Erneuerung. Und diese Erneuerung werde angesichts des Klimawandels auf der Welt und der begrenzten Kapazitäten gebraucht. Daher müsse jede Branche grün werden. Die Sorgen der Wirtschaft wegen der Bezahlbarkeit und Sicherheit der Energieversorgung sowie der Rohstoffversorgung nehme man durchaus ernst. Aber die Antwort könne nicht sein, immer mehr Unternehmen von der Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage zu befreien und Rohstoffabkommen mit Kasachstan zu schließen, und damit Menschenrechte hinter die Rohstoffversorgung zu stellen, sagte Andreae.

Die beiden Anträge wurden an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Die SPD-Fraktion fordert in ihrem Antrag eine aktive Industriepolitik für Vollbeschäftigung, einen neuen gesellschaftlichen Konsens für die dringend benötigte Modernisierung und den Ausbau der Infrastruktur sowie eine "sichere, bezahlbare und nachhaltige Energie- und Rohstoffversorgung der Industrie". Die Koalition verlangt eine preisgünstige und sichere Energieversorgung und bezeichnet die Industrie als "tragende Säule der deutschen Wirtschaft".