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Aschot Manutscharjan
Kurz notiert

Kann es ein freiheitlich-demokratisch regiertes Russland geben? Kommt der postkommunistische Vielvölkerstaat ohne eine "harte Hand" aus? Wäre Russland ohne Wladimir Putins Politik der "Konsolidierung des Staates" heute demokratischer? Die beiden Soziologen Lev Gudkov, Leiter des renommierten Moskauer Meinungsforschungsinstituts "Lewada-Zentrum", und Victor Zaslavsky analysieren in ihrem intelligenten Buch die Entwicklung in Russland seit dem Ende der Sowjetunion. Dabei benennen sie klar die falschen Weichenstellungen der Entscheidungsträger.

Die Autoren verstecken sich nicht hinter Zitaten und Bewertungen anderer, sondern machen deutlich, wer die Herausbildung eines demokratischen Russlands in der Vergangenheit verhindert hat und wer heute noch an diesem Kurs festhält. Es ist richtig, dass Putins erste Präsidentschaft (2000-2008) Russland vor einem Zerfall und weiteren wirtschaftlichen Krisen bewahrt hat. Richtig ist aber auch, dass seine Politik des "starken Staates", die mit Rohstoffverkäufen finanziert wurde, die Etablierung eines autoritären Regimes erst ermöglichte. Nach dem enttäuschenden ersten Jahrzehnt seit dem Zerfall der UdSSR mit einer allgemeinen Instabilität, sinkendem Lebensstandard und hoher Arbeitslosigkeit sorgte Putin für Ruhe und Ordnung. "Unter diesen Umständen geriet die Idee der Demokratie zunehmend in Misskredit und viele Russen wünschten sich eine Rückkehr zum alten, vertrauten System des autoritären Paternalismus", schreiben die Autoren. Damit zeigen sie auf, warum es Putin so leicht fiel, die Kontrolle über Politik und Medien durchzusetzen sowie die Unterordnung der Regionalbehörden und der Oligarchen unter die Zentralgewalt zu erreichen.

In einer klaren Sprache kritisieren die Autoren Putins System der "gelenkten Demokratie": Dem Präsidenten gelinge es, "jegliches Gegengewicht" zur uneingeschränkten Präsidialmacht auszuschalten. Das Ergebnis sei ein korrupter, "bürokratischer Autoritarismus".

Lev Gudkov, Viktor Zaslavsky:

Russland. Kein Weg aus dem postkommunistischen Übergang?

Wagenbach Verlag, Berlin 2011; 206 S.,19,90 €

Aus Politik und Zeitgeschichte

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