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Das Internet trocknet den Rennsport aus

FINANZEN Durch illegale Wetten weniger Mittel für Pferdeprüfungen aus der Wettbesteuerung

26.03.2012
2023-08-30T12:17:28.7200Z
3 Min

Pferdewetten sind vom Rennsport nicht zu trennen. Seitdem es Wettbewerbe gibt, gehhört die Wette dazu. Mancher ist reich geworden auf der Rennbahn, viele dürfte die Leidenschaft arm gemacht haben, weil sie auf das falsche Pferd gesetzt hatten. Was kaum jemand weiß: Die Wetteinsätze halfen auch der Pferdezucht, weil mit dem Geld wichtige Leistungsprüfungen finanziell unterstützt werden. Das Internet entwickelt sich in diesem Fall zum Fluch: Da immer mehr online und über ausländische Anbieter gewettet wird, versiegen die wichtigen Finanzquellen für den Sport, der dadurch selbst in Gefahr gerät.

Illegale Wetten

Die Bundesländer sind bereits aktiv geworden und haben einen Gesetzentwurf zur Besteuerung sämtlicher Sportwetten (17/8494) eingebracht. Der Bundesrat will damit besonders das Problem illegaler Wetten über das Internet in den Griff bekommen. Bisher seien nur Wetten erfasst worden, die im Inland veranstaltet werden, heißt es in der Begründung des vom Bundesrat vorgelegten Gesetzentwurfs. Nach der Neuregelung sollen Wetten auch dann besteuert werden, wenn der Spieler bei Abschluss des Wettvertrages zum Beispiel über Internet bei einem ausländischen Anbieter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Durch eine Öffnungsklausel im Gesetz sollen die Bundesländer die Möglichkeit erhalten, ergänzende Regelungen zu Pferdewetten zu treffen. Die Steuer für die Pferdewetten soll von 16,66 auf fünf Prozent gesenkt werden. Für Lotterien soll weiter der Satz von 16,66 Prozent gelten.

Es geht um einen Milliarden-Markt: Nach Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft werden im Bereich der Sportwetten in Deutschland rund 3,4 Milliarden Euro umgesetzt. In einer Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages in der vergangenen Woche wurde allerdings klar, dass sich das Problem nicht so einfach lösen lässt. So erklärte Professor Andreas Musil (Universität Potsdam) in seiner Stellungnahme, in der unterschiedlichen Besteuerung von Lotterieangeboten und Sportwetten könnte ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes liegen. Die Ausdehnung der Steuerpflicht auf ausländische Anbieter könnte die Gefahr einer Doppelbelastung mit sich bringen. In der Stellungnahme von Professor Stephan Eilers (Freshfields Bruckhaus Deringer) hieß es unter anderem, die Steuer auf Sportwetten verstoße in der gewählten Ausstattung gegen die Grundrechte betroffener Veranstalter.

Die Spreizung des Steuersatzes würde nach Ansicht der Steuer-Gewerkschaft zu erheblichen Problemen führen. Professor Tilman Becker (Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim) forderte die Gründung einer neuen Behörde (Gambling Commission), die den gesamten Glücksspielbereich in Deutschland regulieren soll. Becker sah angesichts verschiedener Regelungen auf Bundes- und Länderebene in Deutschland "rechtsfreie Räume". Andreas Frank (Frank Consultancy Services) nannte die Absenkung des Steuersatzes "unter Spielschutzgesichtspunkten nicht plausibel".

Probleme mit dem EU-Recht sah Ronald Reichert (Redeker Sellner Dahs). Die vom Bundesrat vorgeschlagene Neuregelung könne dazu führen, dass die deutschen Rennvereine die Mittel, die sie aus der Steuer zur Durchführung öffentlicher Leistungsprüfungen für Pferde erhalten hätten, zurückzahlen müssten.

Nach Angaben des Hauptverbandes für Traberzucht werden ohnehin nur noch 15 Prozent aller in Deutschland getätigten Pferdewetten noch im Inland gehalten und ordentlich versteuert. Am Beispiel der Trabrennen wurde erläutert, in den letzten acht Jahren seien die Wetten in die Totalisatoren deutscher Trabrennvereine um 87 Prozent gesunken - von ursprünglich 214 Millionen auf gerade noch 27 Millionen Euro. Durch die gesunkenen Rückerstattungen sei die Zahl der Leistungsprüfungen im Bereich der Traberzucht um 70 Prozent zurückgegangen. Seien 1993 6,6 Millionen Euro an Züchterprämien ausgeschüttet worden, so seien es 2011 nur noch 720.000 Euro gewesen.

Im Gegensatz dazu würden im Nachbarland Frankreich jedes Jahr 11.000 Trabrennen veranstaltet und aus den dortigen Totalisatorwetten 27,5 Millionen Euro ausgeschüttet. "Das Pferd ist nicht nur ein Kulturgut in Frankreich", appellierte ein Vertreter des Hauptverbandes für Traberzucht in der Anhörung an die Politik.