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Kurz notiert

22.10.2012
2023-08-30T12:17:39.7200Z
4 Min

Die Mediensysteme, insbesondere die Tagespresse in den westlichen Demokratien, erleben derzeit eine konjunkturelle und strukturelle Krise: Symptome sind Redaktions-Schließungen, die Entlassung von Korrespondenten und wiederholte Sparrunden. Die Autoren des Sammelbandes "Medienwandel und Medienkrise" zeigen, dass diese Probleme oft hausgemacht sind und auf eine "kommerzielle Institutionalisierung" zurückgehen. Denn viele Eigentümer der Monopolzeitungen investierten ihre Gewinne nicht in die Redaktionen, um sich selbst hohe Dividenden überweisen zu können. Dadurch werde eine kritische und umfassende Berichterstattung "fundamental infrage gestellt", mahnen die Autoren. Dies gehe zu Lasten der demokratischen Gesellschaft, die auf eine unabhängige Presse angewiesen sei.

Die starke Konkurrenz des Internets und die sinkenden Werbeeinnahmen hätten die Tageszeitungen in den USA und in Europa "inhaltlich bereits deutlich geschwächt", unterstreichen die Medien-Wissenschaftler. Und zeigen sich erstaunt, dass nach all den Sparrunden überhaupt noch eine qualifizierte journalistische Leistung erbracht werde. Zwar bewirkten Bürgerjournalismus, Blogs und die Onlineangebote der sozialen Netzwerke eine Demokratisierung der Medienstrukturen insgesamt. Doch diese Entwicklung könne letztlich nur "eine Ergänzung, aber kein Ersatz" für professionellen Journalismus sein. Die "Blogosphäre" sei direkt von den Leistungen des Journalismus abhängig. Zudem richteten sich die neuen Onlineangebote an ein Nischenpublikum. Dies werde auch durch die die Zahl der Abrufe bestätigt.

Die Medienstudie bietet jedoch auch durchaus Grund zum Optimismus: So steige die Zahl der Leser deutscher und amerikanischer Qualitätszeitungen - einschließlich ihrer Onlineangebote. Exklusive journalistische Inhalte und Qualität sind offensichtlich noch immer die zentrale Voraussetzung für die Gewinnung von Lesern und wirtschaftlichem Erfolg.

Otfried Jarren, Matthias Künzler, Manuel Puppis (Hg):

Medienwandel oder Medienkrise?

Nomos Verlag, Baden-Baden 2012; 229 S., 34 €

"Die Rente ist sicher": Dem berühmt gewordene Mantra des ehemaligen Sozialministers Norbert Blüm (CDU) mag keiner mehr so recht folgen. Zumindest ist völlig unklar, ab welchem Lebensalter der arbeitende Bürger zukünftig in den Ruhestand gehen und wieviel Geld er dann aus dem staatlichen Rentensystem beziehen wird. Der Journalist Christoph Birnbaum stellt jetzt in seinem Buch über "Die Pensionslüge" klar, dass diese Unsicherheit in Zukunft auch Deutschlands Beamte ereilen könnte. Bislang konnten die noch behaupten: "Die Pension ist sicher". Birnbaum fordert, dass die derzeit noch verweigerte Debatte über die Zukunft der vermeintlich sichere Beamtenversorgung auf die Agenda gesetzt wird.

Über eine Billion Euro, so rechnet Birnbaum vor, müssen Bund und Länder bis zum Jahr 2040 für die Pensionen ihrer beamteten Staatsdiener aufbringen, "so viel, wie uns der Aufbau Ost in den vergangenen zwei Jahrzehnten gekostet hat". Wer allerdings eine Abrechnung mit dem Beamtenstatus und den Beamten selbst befürchtet oder erhofft, der sei beruhigt beziehungsweise enttäuscht. Denn Birnbaum hat eben kein "Beamtenhasserbuch" zu Papier gebracht, wie er klarstellt. Für den Beamtenstatus, der ein besonderes Treueverhältnis zum Staat konstituiere, gebe es viele gute Gründe. Ein Blick nach Griechenland, wo es eben keinen funktionierenden Beamtenapparat gebe, zeige dies deutlich.

Das Problem verortet der Buchautor beim Arbeitgeber, dem Staat. Der habe es versäumt, seiner Pflicht nachzukommen, für die Pensionen entsprechende Rücklagen zu bilden. Sprich: Am Tag der Auszahlung fehlt das Geld in den Haushalten. Aber Birnbaum rechnet auch mit so manchem aufgeblähten Verwaltungsapparat ab. So beschäftige das Wasser- und Schifffahrtsamt, zuständig für die deutschen Wasserstaßen, rund 12.000 Beamte und Angestellte. Das seien 1,7 Staatsdiener pro Stromkilometer.

Birnbaum belässt es nicht beim Kritisieren. Er unterbreitet eine Reihe von Vorschlägen, die Grundlagen für eine überfällige Diskussion bieten.

Christoph Birnbaum:

Die Pensionslüge.

Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2012; 258 S., 14,90 €