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Kurz notiert

25.02.2013
2023-08-30T12:23:54.7200Z
5 Min

Lammert würdigt die Journalistin Tissy Bruns

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat die Verdienste der verstorbenen Journalistin Tissy Bruns gewürdigt. In einem Brief an die Familie weist Lammert darauf hin, dass sich Frau Bruns Dank ihrer präzisen Analysen und nachdenklichen Kommentare auch in der Politik einen Namen gemacht habe. Tissy Bruns, die über etliche Jahre als erste Frau die Bundespressekonferenz geführt hatte, starb am vergangenen Mittwoch. "Dem Bundestag war Tissy Bruns in besonderer Weise verbunden, nicht nur wegen ihrer journalistischen Begleitung der parlamentarischen Arbeit, sondern auch als verdienstvolles Mitglied in der Jury des Medienpreises", schreibt Lammert.

Gericht klärt Auskunftspflicht von Bundesbehörden

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Auskunftspflicht von Bundesbehörden gegenüber der Presse konkretisiert. Die Richter entschieden am vergangenen Mittwoch, dass der Staat und seine Behörden "einem Minimalstandard an Auskunftspflichten" genügen müsse. Dies beziehe sich allerdings nur auf Informationen, die einer Behörde bereits vorliegen. Das Gericht hatte die Klage eines "Bild"-Journalisten zurückgewiesen, dem vom Bundesnachrichtendienst Informationen über die Nazi-Vergangenheit seiner Mitarbeiter verweigert worden war. Das Gericht wies die Klage mit der Begründung zurück, weil der Journalist sich auf das Landespressegesetz berufen hatte. Dies reiche gegenüber einer Bundesbehörde aber nicht aus, befanden die Richter.

Das erste Buch Shlomo Sands "Die Erfindung des jüdischen Volkes" (Propyläen 2010) war nicht nur in Israel ein Bestseller, sondern weltweit. In dieser herausragenden Studie hatte sich der Geschichtsprofessor von der Universität Tel Aviv kritisch mit dem Gründungsmythos Israels auseinandergesetzt. Sand verlangte von den Juden, sich von der Vorstellung zu lösen, sie seien das von Gott "auserwählte Volk". Außerdem solle sich Israel nicht als "jüdischer Staat" verstehen und auf seine "unzweideutige Apartheidpolitik" verzichten. Dazu gehöre, dass Israel seine "staatlich geförderte jüdische ‚Herrendemokratie' in den besetzten Gebieten" aufgebe.

Auch Sands zweites Buch "Die Erfindung des Landes Israel" gilt vielen Lesern als Provokation, wenngleich der Historiker erneut eine gründlich recherchierte Monografie über die Stellung des "Landes der Väter" seit den Zeiten Abrahams vorgelegt hat. Seine These lautet: Die Juden wollten weder im frühen Mittelalter noch in späteren Jahrhunderten in das "Land der Väter" zurückkehren. Anstatt nach Palästina seien sie später lieber nach Amerika ausgewandert. Stein um Stein zerstört der Historiker die jahrhundertelang gepflegte Erzählung über Israel und erklärt, wie aus biblischen Mythen historische Tatsachen wurden.

Vor Sand hatten sich bereits andere israelische Historiker wie Tom Segev von der zionistischen Geschichtsschreibung emanzipiert und gezeigt, wie die staatlich verordnete Geschichtsmanipulation funktionierte. Im Einzelnen widerspricht Sand einem "historische Recht" der Juden auf Palästina und kritisiert die Vertreibung der Palästinenser aus ihrer Heimat. Nicht von ungefähr widmete Sand ihnen sein Buch und wurde dafür als "Hassjude" und "Nestbeschmutzer" verunglimpft. Allerdings öfter in der jüdischen Diaspora in den USA als in Israel selbst. Doch solchen Anfeindungen kann Sand gelassen entgegen treten. Als junger israelischer Soldat stand er im Juni 1967 nach der Eroberung Ost-Jerusalems selbst vor der Klagemauer.

Shlomo Sand:

Die Erfindung des Landes Israel. Mythos und Wahrheit.

Propyläen Verlag, Berlin 2012; 396 S., 22,99 €

Fritz Stern, der bedeutende amerikanische Historiker deutscher Abstammung, setzt sich gerne mit deutschen Politikern an einen Tisch, um mit ihnen kluge Gespräche zu führen. Vor gut zwei Jahren traf er sich mit AltBundeskanzler Helmut Schmidt. Unter dem Titel "Unser Jahrhundert" fand dieses verschriftlichte Gespräch seinen Weg auf den Buchmarkt. Im vergangenen Jahr hat sich Stern einen weiteren Gesprächspartner in den Reihen ehemaliger Politik-Größen gesucht. "Gegen den Strom" nennt sich der Band, in dem sein Gespräch mit dem früheren deutschen Außenminister Joschka Fischer protokolliert ist. Stern, Jahrgang 1926, und der 22 Jahre jüngere Fischer hangeln sich durch zwei Weltkriege, über den Nahostkonflikt und das deutsch-israelische Verhältnis bis hin zur Finanzkrise und zur Europäischen Union. Angereichert durch persönliche Erlebnisse und Erkenntnisse. Es ist ein Dialog zwischen Freunden. Und dies ist vielleicht die größte Stärke und Schwäche des Buches zugleich. So ergänzen sich Friedenspreisträger Stern und der streitbare frühere grüne Spitzenpolitiker zwar ausgezeichnet als gegenseitige Stichwortgeber. Doch hier und da hätte man sich als Leser ein wenig mehr Kontroverse gewünscht.

Immerhin kann Stern dem selbsterklärten "letzten Rock 'n' Roller" so manche Stichelei nicht ersparen: Beim Lesen von Fischers Büchern über seinen politischen Werdegang sei ihm aufgefallen, dass er häufig die Begriffe Vizekanzler oder stellvertretender Ministerpräsident benutze statt Außenminister oder Umweltminister. Fischer antwortet gewohnt selbstbewusst: "Ich war immer sehr machtbewusst, was meine eigene Person betraf, und diese Haltung gründete auf Erfahrung." Zu diesen Erfahrungen zählt er vor allem seine Zeit als hessischer Umweltminister von 1985 bis 1987. "Es war zugleich die Zeit, in der ich am meisten in meinem Leben gelernt habe." Das Regieren habe er in diesen 16 Monaten gelernt, indem er alles falsch gemacht habe, was möglich war. Es sind vor allem solche Passagen des Gesprächs, die die Lektüre unterhaltsam machen.

Joschka Fischer, Fritz Stern:

Gegen den Strom. Ein Gespräch über Geschichte und Politik.

Verlag C.H. Beck, München 2013; 224 S., 19,95 €