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Aschot Manutscharjan
Kurz notiert

Eine bunte Mischung unterschiedlichster Persönlichkeiten versammeln die Herausgeber zwischen zwei Buchdeckeln: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und die Kommunistin Sahra Wagenknecht, den früheren WikiLeaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg und den gescheiterten schleswig-holsteinischen CDU-Hoffnungsträger Christian von Boetticher, "den versöhnten Sohn" Walter Kohl und Carsten Maschmeyer, außerdem Wissenschaftler und Journalisten. Sie wurden allesamt von Studierenden der Medienwissenschaften interviewt.

Bereits in ihrem Vorwort stimmen die Herausgeber das Klagelied an: der Parlamentarismus in Europa habe ausgedient, stattdessen würden die internationalen Finanzmärkte den gewählten Regierungen ihre politischen Entscheidungen diktieren. "Lobbys und Seilschaften infiltrieren die Büros von Abgeordneten und Beamten. Affären und Rücktritte bringen den Beruf des Politikers in Misskredit". Aber reichen die vorhandenen Krisensymptome aus, um das "Ende der Republik" herbei zu schreiben und von einer "Maschinerie der Repräsentation" zu sprechen? Die Herausgeber stellen fest, dass wir im Zuge der digitalen Revolution und der internationalen Finanzkrise eine bislang nicht gekannte neue Macht der Medien und Märkte erleben, die die politischen Entscheidungsträger zunehmend in die Defensive drängen: Anstatt programmatisch zu gestalten, würden sie von den Medien zu einer Vermeidungshaltung getrieben.

Trifft diese Beobachtung auf alle Politiker gleichermaßen zu? Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann würdigt die Programmparteien in Deutschland und hält wenig vom Konstrukt "Wutbürger". Auch der jüngst verstorbene Stephane Hessel, Autor des Appells "Empört Euch", vertrat in seinem Beitrag des Bandes die Meinung, dass die protestierenden Bürger die Bedeutung der Parteien für den politischen Willensbildungsprozess nicht ignorieren sollten. Bei aller Kritik war Hessel Optimist: er glaubte an die "Zukunft der Menschheit".

Bernhard Pörksen, Wolfgang Krischke (Hrsg.):

Die gehetzte Politik. Die neue Macht der Medien und Märkte.

Herbert von Halem, Köln 2013; 355 S., 19,80 €

Aus Politik und Zeitgeschichte

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