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Kurz notiert

22.04.2013
2023-08-30T12:23:58.7200Z
6 Min

"Ich agierte als Dolmetscher und gelegentlich als Schiedsrichter, sie als Gladiatoren in der Arena." So beschreibt Kofi Annan, von 1997 bis 2003 Generalsekretär der Vereinten Nationen, seine und die Rolle der Konfliktparteien im Vorfeld des Irak-Krieges. Detailliert berichtet er in seiner lesenswerten Autobiografie über Hintergrundgespräche, geheime Vereinbarungen und die Entstehung der Sicherheitsratsresolutionen während seiner Amtszeit. Den USA und Großbritannien habe es nicht zugestanden, "das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen" und im März 2003 ohne klare Resolution im Irak zu intervenieren. Am Ende hätten Anarchie und ein zehnjähriger Bürgerkrieg die Tyrannei Saddam Husseins ersetzt. Besonders getroffen hat Annan die Erklärung des damaligen britischen Premierministers Tony Blair, der Sicherheitsrat habe seine Legitimität verloren, als er der Intervention seine Zustimmung verweigerte. Dabei stand der Irak-Krieg "weder im Einklang mit der UN-Charta, noch war er legitim", resümiert Kofi Annan.

Als Sohn eines ghanaischen Vertreters eines europäischen Handelsunternehmens, Freimaurers und gläubigen Anglikaners verbrachte Kofi Annan sein ganzes Berufsleben in den Organisationen der Vereinten Nationen. Mit seinem "persönlichen Bericht" will der frühere Generalsekretär den Lesern vermitteln, welche katastrophalen Kosten Konflikte verursachen. Gleichzeitig betont er die Vorteile der globalen Zusammenarbeit im Kampf gegen Hunger, Armut und Krankheiten.

Besonders interessant liest sich seine Darstellung über Verhandlungen vor dem Kosovo-Krieg. Damals stellte sich Annan auf die Seite der USA und Großbritanniens, obwohl der UN-Sicherheitsrat die Anwendung von Gewalt nicht autorisiert hatte. Auch die "Fehlschläge der Vergangenheit", wie die Machtlosigkeit der Vereinten Nationen während der Völkermorde in Ruanda und Bosnien, werden von Annan schonungslos und ohne diplomatische Zurückhaltung dargestellt.

Kofi Annan:

Ein Leben in Krieg und Frieden.

Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013; 463 S., 26,99 €

SPD fordert mehr Angebote in "Leichter Sprache"

Die SPD-Fraktion setzt sich für einen Ausbau der Informationsangebote des Bundestages in der sogenannten "Einfachen" und "Leichten Sprache" ein. Diese sollten die wichtigsten Debatten und Entscheidungen im Plenum sowie prinzipielle Informationen über die Arbeit des Parlaments umfassen. Den entsprechenden Antrag (17/12724) überwies der Bundestag am vergangenen Donnerstag in erster Lesung in die Ausschüsse. Die SPD beruft sich auf Ergebnisse der Studie "leo. - Level-One" im Auftrag des Bundesbildungsministeriums, nach der rund 7,5 Millionen Menschen in Deutschland von funktionalem Analphabetismus betroffen sind. Dies bedeutet: Die Betroffenen könnten zwar teilweise einzelne einfache Sätze lesen oder schreiben, nicht jedoch zusammenhängende Texte.

Vorstoß zu Zeitverträgen in der Wissenschaft

Die SPD-Fraktion fordert Mindestlaufzeiten für befristete Beschäftigungsverhältnisse, die auf der Grundlage des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes geschlossen werden. Den entsprechenden Gesetzentwurf zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (17/12531) überwies der Bundestag am vergangenen Donnerstag in Erster Lesung in die Ausschüsse. Nach Ansicht der Sozialdemokraten lässt der hohe Anteil befristeter Beschäftigungsverhältnisse mit sehr kurzen Laufzeiten von unter einem Jahr eine sachlich ungerechtfertigte Benachteiligung der Arbeitnehmer vermuten. Ferner würden die mit einer Promotion verbundenen Qualifizierungsziele oft nicht hinreichend gewährleistet.

Europäisches Übereinkommen zum audiovisuellen Erbe

Deutschland soll das Europäische Übereinkommen zum Schutz des audiovisuellen Erbes vom 8. November 2001 ratifizieren. Den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/12952) überwies der Bundestag am vergangenen Donnerstag ohne Aussprache in die Ausschüsse. Das Übereinkommen verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, Systeme zur Hinterlegung von Kino- und Fernsehfilmen einzuführen, die zu ihrem audiovisuellen Erbe gehören. Darüber hinaus müssen die hinterlegten Filme für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

Grüne: Vertragliche Stellung von Urhebern verbessern

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will die vertragliche Stellung von Urhebern und Künstlern verbessern. In ihrem Antrag (17/12625), den der Bundestag am vergangenen Donnerstag in die Ausschüsse überwies, fordern die Grünen die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Novellierung des Urhebervertragsrechts vorzulegen. Das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern aus dem Jahr 2002 habe das Ziel, die strukturell, wirtschaftlich und organisatorisch unterlegene Stellung von Urhebern zu beseitigen, verfehlt. Vor allem fehle es ihnen an Möglichkeiten, ihren gesetzlichen Anspruch auf eine angemessene Vergütung durchzusetzen.

Bislang hat sich noch jede Bundesregierung zur historischen Verantwortung Deutschlands für Israel und dessen Existenzrecht bekannt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich in ihrer historischen Rede vor der Knesset am 18. März 2008 - sie hatte als erste deutsche Regierungschefin dort reden dürfen - in diesem Sinne. Doch Merkel formulierte einen Satz, der aufhorchen ließ. Wörtlich sagte sie: "Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt: Die Sicherheit Israels ist für mich als Bundeskanzlerin niemals verhandelbar". Der Fernsehjournalist Werner Sonne versucht in seinem empfehlenswerten Buch über die deutsche Israel-Politik die Worte Merkels zu entziffern. Bedeutet die Zusage Merkels etwa eine militärische Bündnisverpflichtung, so wie sie Deutschland gegenüber seinen Nato-Partnern übernommen hat? Wird Deutschland beispielsweise im Falle eines Krieges mit dem Iran zu Gunsten Israels militärisch eingreifen? Gehört ein solches Szenario auch zur "Staatsräson"? Doch keiner der vielen Gesprächspartner Sonnes im politischen Berlin konnte oder wollte sich dazu konkret äußern.

Werner Sonne stellt solchen Spekulationen Fakten gegenüber: Obwohl Israels Ministerpräsident Ehud Olmert Deutschland im Sommer 2006 eingeladen hatte, sich mit einem eigenen Truppenkontingent an der Unifil-Mission der Vereinten Nationen im Grenzgebiet zwischen Libanon und Israel zu beteiligen, lehnte dies Merkel ab. Die Stationierung von Bodentruppen in der Konfliktregion erschien der Bundesregierung dann doch zu gefährlich. Deutschland begnügte sich mit der Entsendung von Kriegsschiffen für die maritime Komponente der Unifil-Mission in den Gewässern vor dem Libanon.

Neben den bekannten Beispielen für die deutsch-israelische Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen liefert Sonne auch interessante Hintergrundinformationen über die Lieferung von sechs modernen U-Booten an die israelische Marine. Diese können mit Nuklearraketen bestückt werden, die auch den Iran erreichen könnten.

Werner Sonne:

Staatsräson? Wie Deutschland für Israels Sicherheit haftet.

Propyläen Verlag, Berlin 2013; 249 S., 19,99 €