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Gorleben bleibt ein Reizwort

UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS Fraktionen ziehen sehr unterschiedliche Bilanz. Opposition legt Sondervotum vor

22.04.2013
2023-08-30T12:23:58.7200Z
2 Min

Offiziell endet die Arbeit des 1. Untersuchungsausschusses "Gorleben" zwar erst im Juni mit der Übergabe des Abschlussberichts an den Bundestagspräsidenten und einer Plenardebatte. Doch bereits in der vergangenen Woche präsentierten Regierungs- und Oppositionsfraktionen ihre Antworten auf die Frage, die den Ausschuss seit 2010 beschäftigt: Warum hatte die Regierung unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) im Jahr 1983 entschieden, nur den Salzstock im niedersächsischen Gorleben auf eine Eignung für die Endlagerung von Atommüll zu untersuchen, und ist es dabei zu politischen Einschränkungen oder Manipulationen gekommen?

Befragungsmarathon

Nach mehr als 90 Sitzungen, der Befragung von mehr als 50 Zeugen und Sachverständigen, darunter auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sowie dem Studium von 2.800 Aktenordnern kamen die Mitglieder des Ausschusses unter Vorsitz von Maria Flachsbarth (CDU) zu fundamental unterschiedlichen Bewertungen und konnten sich in der Sitzung am vergangenen Donnerstag nicht auf einen gemeinsamen Abschlussbericht einigen. Der Berichterstatter der Unions-Fraktion, Michael Paul (CDU), ist sich sicher, dass es in der fraglichen Zeit "keinen Einfluss auf die wissenschaftlich-technischen Entscheidungen bei Gorleben gegeben hat". Der Manipulationsvorwurf des früheren Umweltministers Sigmar Gabriel (SPD) im Wahlkampf 2009 entbehre "jeder Grundlage", sagte Paul dieser Zeitung. Bei der Arbeit im Ausschuss sei für ihn überraschend gewesen, dass es während der Amtszeit der damaligen Umweltministerin Angela Merkel harte Interessengegensätze mit der Energiewirtschaft gegeben habe und "sich am Ende die Bundesregierung mit Frau Merkel bei der Endlagerfrage gegen die Energiewirtschaft durchgesetzt hat". Einer von vielen Punkten, die Regierung und Opposition grundlegend gegensätzlich bewerten: "Der Kostendruck aus Richtung der Energieversorger war maßgeblicher Treiber für Merkels Entscheidung 1996/1997, auf die ausschließliche Nord-Ost-Erkundung Gorlebens zu setzen", erklärte Sylvia Kotting Uhl, Obfrau von Bündnis 90/Die Grünen im Untersuchungsausschuss. Aufgrund der unterschiedlichen Bewertung legten SPD, Die Linke und die Grünen im Ausschuss ein Sondervotum vor. Darin kommen sie zum Schluss, dass "Gorleben nicht durch einen wissenschaftlich nachprüfbaren Auswahlprozess als Standort ausgewählt wurde, sondern Ergebnis politischer, willkürlicher Entscheidung ist", heißt es in dem Papier. Mit Blick auf die anstehende Endlagerfrage sagte Paul, der Standort Gorleben sei "eignungshöffig", wie es in der Bergmannssprache heiße. "Der Begriff besagt, dass es keine Gründe gibt, die daran zweifeln lassen, dass Gorleben geeignet sein könnte", erklärte er. Auch das sieht die Opposition anders - und so dürften die Diskussionen bei der für Ende Mai geplanten Einbringung des Endlagersuchgesetzes weitergehen.