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Mit Goethe um die Welt

KULTUR Opposition und Koalition streiten über Ausrichtung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik

10.06.2013
2023-08-30T12:24:00.7200Z
4 Min

Aus Sicht von Claudia Pieper (FDP) ist in Sachen Auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) alles beim Alten geblieben. Während der Plenardebatte am vergangenen Freitag vertrat die Staatsministerin im Auswärtigen Amt die Ansicht, dass die von ihrem Ministerium verfolgte Konzeption "Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik in Zeiten der Globalisierung" in der Kontinuität bisheriger Grundsätze stehe. Von einem Paradigmenwechsel könne mithin keine Rede sein, urteilte sie und bestätigte damit die im Bericht der Bundesregierung zur Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (17/12025) ebenfalls so enthaltene Aussage.

Wirtschaftsinteressen

Die Opposition zog dies aber in Zweifel. Allein was Deutschland nutze, werde in der AKBP noch gemacht, kritisierte Ulla Schmidt (SPD). Auf den Einwand von Peter Gauweiler (CSU), dass der deutsche Außenminister auch deutsche Interessen vertreten müsse, entgegnete Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen): Die durch Westerwelle vertretenen Interessen der deutschen Wirtschaft seien nicht automatisch die Interessen Deutschlands.

Staatsministerin Pieper hatte zuvor darauf verwiesen, dass keine Bundesregierung bislang so viel in die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik investiert habe, wie die von Union und FDP geführte. "Trotz des Zwangs zur Konsolidierung konnten die Ausgaben gesteigert werden", betonte sie. Entgegen öffentlicher Behauptungen, es würden Goethe-Institute geschlossen, habe man - wie etwa in Nikosia - sogar neue eröffnet.

Pieper spreche zwar von einem Rekordhaushalt, doch habe man im Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik immer wieder über Mittelkürzungen bei den Goethe-Instituten diskutieren müssen, entgegnete Ulla Schmidt. Die dabei eingesparten Gelder seien in Programme umgelenkt worden, "die dem Außenminister zupasskommen". Das Engagement der Staatsministerin sei ausdrücklich zu würdigen, machte Schmidt deutlich. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hingegen sei an der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik desinteressiert. Beleg dafür sei, dass der Minister in vier Jahren nicht ein einziges Mal den zuständigen Unterausschuss besucht habe, betonte Schmidt.

Business Lounge

Auch Lukrezia Jochimsen (Die Linke) kritisierte einen Paradigmenwechsel in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Es dürfe nicht vorrangig darum gehen, Deutschland als attraktiven Standort der Wirtschaft zu bewerben. "Wir brauchen ein Gleichgewicht zwischen den kulturellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aufgaben", sagte sie. Dass dies nicht der Fall sei, zeige der Umgang des Auswärtigen Amtes mit dem ehemaligen Sitz des Goethe-Instituts in New York. Nach dem Umzug des Instituts sollte das in deutschem Besitz befindliche sechsstöckige Gebäude in bester Lage nach den Vorstellungen Westerwelles nicht etwa dem Kulturaustausch, sondern dem Austausch wirtschaftlicher Interessen dienen, kritisierte Jochimsen. Dank des Einspruches des Auswärtigen Ausschusses sei dies verhindert worden, ergänzte Claudia Roth und übte ebenfalls Kritik am Außenminister. Westerwelle schmücke sich zwar gerne mit Kultur, verstehe darunter aber offenbar das Umfunktionieren des Goethe-Institutes in eine Business Lounge.

Der Vorsitzende des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, Peter Gauweiler, ging auf die aktuellen Diskussionen um das Auslandsschulgesetz ein. Die Schulen seien ein "Anker für die Identität der Auslandsdeutschen" und zugleich eine Verbindungslinie für ausländische Schüler zur deutschen Sprache und Kultur. Schon 2008 habe der Bundestag einer Resolution für die Weiterentwicklung des Auslandsschulwesens geschlossen zugestimmt. Bei dem unlängst von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf sei nun die finanzielle Sicherheit nur für jene Schulen gewährleistet, die auf mindestens 20 Abschlüsse pro Jahr verweisen können. Um auch kleinere Schulen fördern zu können, habe er den Vorschlag gemacht, die Zahl auf fünf Abschlüsse zu senken. Gauweiler zeigte sich über die Reaktion der Haushaltspolitiker erbost: "Ich verbitte mir, dass Leute, die überhaupt kein Problem damit haben, innerhalb von 30 Minuten Bürgschaften über 190 Milliarden Euro zu beschließen, uns vorwerfen, wir würden mit der Änderung den Haushalt maßlos belasten".

Inzwischen habe man mit 13 Abschlüssen einen Kompromiss erzielt, sagte Gauweiler weiter. "Wir sollten die Kuh jetzt vom Eis bringen", formuliert er seine Bitte an die Opposition. Eine Verabschiedung des Auslandsschulgesetzes noch in dieser Legislaturperiode hatte zuvor auch Staatsministerin Pieper gefordert. Der darin zugesicherte Rechtsanspruch auf Förderung sei auch eine Form der Anerkennung für die in den Schulen tätigen Lehrer.

Tadel für Haushälter

Linken-Kulturexpertin Jochimsen kündigte jedoch an, einen solchen Kompromiss nicht mittragen zu wollen. Es werde auch dann privilegierte und benachteiligte Schulen geben, bemängelte sie. Claudia Roth kritisierte in dieser Frage Staatsministerin Pieper, die dem Unterausschuss in den Rücken gefallen sei, indem sie den von allen Fraktionen getragenen Änderungsantrag, "der den viel zu eng gestrickten Entwurf des Auslandsschulgesetzes korrigieren sollte", abgelehnt habe. Zudem tadelte auch Roth die Haltung der "Koalitionshaushälter". Diese würden ihren Ehrgeiz in die Verhinderung des Auslandsschulgesetzes legen. Besser wäre es gewesen, die Haushälter hätten einmal nachgeforscht, "wo eigentlich die Gelder aus dem Anfang der Legislaturperiode aufgelegten Zwölf-Milliarden-Euro-Bildungspaket versickert sind", sagte Roth.