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Kurz notiert

10.06.2013
2023-08-30T12:24:00.7200Z
7 Min

Bundestag will weniger Papier verbrauchen

Der Bundestag will seinen Papierverbrauch reduzieren. Nachdem der Ältestenrat im April beschlossen hatte, die elektronische Verteilung von Drucksachen des Parlaments ab der kommenden Legislaturperiode zum Regelfall zu machen, hat der Bundestag vergangene Woche einstimmig eine entsprechende Änderung seiner Geschäftsordnung beschlossen. Er folgte damit einer Beschlussempfehlung des Geschäftsordnungsausschusses (17/13654). Danach hat jeder Abgeordnete weiter die Möglichkeit, bei Bedarf Papierfassungen elektronisch verteilter Vorlagen zu erhalten.

Einsichtnahme in Karlsruher Unterlagen wird erleichtert

Die Einsichtnahme in Unterlagen des Bundesverfassungsgerichts soll erleichtert werden, um Forschungsarbeiten zum Karlsruher Einfluss auf den Werdegang der Bundesrepublik zu unterstützen. Bei Enthaltung der Linksfraktion nahm der Bundestag am Freitag einen von CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Gesetzentwurf (17/13469) an, der eine eigenständige gesetzliche Regelung dieser Frage vorsieht. Danach soll für Akten über das Gericht, die beim Bundesarchiv lagern, eine Frist von 30 Jahren nach Abschluss eines Verfahrens gelten.

Einführung von verbindlichem Lobbyistenregister abgelehnt

Die Opposition ist mit der Forderung nach Einführung eines verbindlichen Registers für Lobbyisten gescheitert. Mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP lehnte der Bundestag am Freitag entsprechende Anträge der SPD- (17/6442), der Links- (17/2096) und der Grünen-Fraktion (17/2486) ab. Auch ein Antrag der Sozialdemokraten zu "mehr Transparenz beim Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung" (17/5230) scheiterte an der Koalitionsmehrheit.

Aufenthaltsgesetz wird

nicht novelliert

Mit den Stimmen der Koalition hat der Bundestag am Freitag einen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (17/56) abgelehnt. Nach dem Willen der Sozialdemokraten sollte in Deutschland lebenden Ausländern ohne Aufenthaltstitel oder Duldung der Zugang zur Gesundheitsversorgung, zu Bildung und zu arbeitsgerichtlichem Rechtsschutz erleichtert werden. Auch ein Gesetzentwurf der Grünen-Fraktion "zur Verbesserung der sozialen Situation von Menschen, die ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland leben" (17/6167) fand keine Mehrheit.

Bundesrat will Änderung des Bundesvertriebenengesetzes

Familienangehörige eines Spätaussiedlers sollen in dessen Aufnahmebescheid nach dem Willen des Bundesrates in bestimmten Fällen auch ohne Grundkenntnisse der deutschen Sprache aufgenommen werden können. Einen entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesrates (17/10511) zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes überwies der Bundestag am Freitag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse.

Flüchtlinge sollen leichter eine Arbeit finden

Bündnis 90/Die Grünen setzen sich in einem Antrag (17/13718) für einen erleichterten Zugang von Flüchtlingen zum Arbeitsmarkt ein. Sie fordern, das ESF-Bundesprogramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleiberechtigte und Flüchtlinge über 2013 hinaus fortzuführen. Sollte das Programm aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) auslaufen, sollte diese Zielgruppe als Zugangsberechtigte in allen Bereichen der ESF-Förderstruktur verankert werden, schreiben die Grünen. Der Antrag wurde am vergangenen Freitag an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.

Eindeutige Kompetenzen bei Grundsicherung im Alter

Der Bundesrat strebt in einem Gesetzentwurf (17/13662) Änderungen bei der Erstattung der Leistungen für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund an. Strittiger Punkt aus seiner Sicht ist die Erstattung von Leistungen bei einer stationären Behandlung in einem anderen Bundesland als dem Wohnsitz des Betroffenen. Derzeit sei nicht sichergestellt, dass die einheitliche Zuständigkeit der Träger der Grundsicherung auch dann bestehen bleibt, wenn die stationäre Einrichtung in einem anderen Land liegt, schreibt der Bundesrat. Er will deshalb die örtliche Zuständigkeit eindeutig klären. Der Vorschlag wurde am vergangenen Freitag an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.

Bessere Ausbildung in der Hotelbranche

Die SPD-Fraktion verlangt, die Ausbildungssituation im Hotel- und Gaststättengewerbe zu verbessern. In einem Antrag (17/13549) fordert sie einen Gesetzentwurf, um das Jugendarbeitsschutzgesetz wirksam durchzusetzen und Missstände zu sanktionieren. Mit den Ländern solle der Bund dafür sorgen, die Vorgaben des Berufsbildungsgesetzes durchzusetzen, schreibt die SPD. Sie möchte ferner, dass die Auszubildenden vor Prüfungen rechtzeitig freigestellt und generell besser beraten werden.

Schwierige Lage Alleinerziehender

SPD und Linksfraktion sind mit zwei Anträgen gescheitert, mit denen sie die Situation von Alleinerziehenden verbessern wollten. Die SPD forderte in ihrem Antrag (17/11032) unter anderem bessere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Die Linke sprach sich in ihrem Antrag (17/8793) unter anderem für eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten und einen erweiterten Kündigungsschutz aus. Beide Vorschläge lehnte der Bundestag am vergangenen Freitag ab.

Digitalisierung verwaister Werke soll einfacher werden

Die Bundesregierung will das Urheberrechtsgesetz ändern, um die Veröffentlichung von Werken zu ermöglichen, deren Rechteinhaber unbekannt sind. Zudem soll Autoren, die für Periodika mit überwiegend öffentlicher Förderung wissenschaftliche Texte schreiben, zwölf Monate nach einer Veröffentlichung ein Zweitverwertungsrecht für nichtkommerzielle Zwecke zugestanden werden.

Den entsprechenden Gesetzentwurf (17/13423) überwies der Bundestag am vergangenen Freitag zur weiteren Beratung in die Ausschüsse. Nach dem Willen der Regierung soll es vor allem Bibliotheken, Archiven und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gestattet werden, sogenannte "verwaiste Werke" zu digitalisieren und im Internet zu veröffentlichen, "damit sie nicht dem kulturellen Erbe verloren gehen". Als "verwaist" gelten Print-, Musik- und Filmwerke, deren Rechteinhaber nicht ermittelt werden können.

Grüne fordern Kriterien für Kulturförderung

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will die Kriterien der Kulturförderung durch den Bund auf den Prüfstand stellen. In ihrem Antrag (17/12196), den der Bundestag am vergangenen Freitag in die Ausschüsse überwies, kritisieren die Grünen, dass kein Kriterienkatalog vorliege, "der transparent offen legt, inwiefern kulturelle Institutionen und Projekte von ,gesamtstaatlicher Bedeutung' sind und sich somit für die Bundesförderung qualifizieren".

Die Grünen fordern die Bundesregierung deshalb auf, entsprechende Förderkriterien zu entwickeln und zu veröffentlichen. Diese müssten beispielsweise sicherstellen, dass alle künsterischen Sparten zumindest annähernd gleichberechtigt in den Genuss der staatlichen Förderung kommen. Primäres Ziel der Kulturförderung müsse es sein, auch Menschen mit Behinderung, geringem Einkommen oder einem Migrationshintergrund den Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen. Die Grünen sprechen sich zudem für die Einsetzung einer Fachjury aus, die den Staatsminister für Kultur und Medien bei der Förderung von Kultureinrichtungen und Projekten beraten soll.

Linke scheitert mit Initiativen zum Urheberrecht

Kindertagesbetreuungseinrichtungen müssen prinzipiell auch weiterhin Lizenverträge für das Fotokopieren von Liedtexten und Noten abschließen. Ein Gesetzentwurf der Linksfraktion zur Einbeziehung von Kitas in die sogenannte Schrankenregelungen im Urheberrecht (17/13768), um Kitas von der Pflicht auszunhemen, wurde am vergangenen Freitag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

Ebenfalls abgelehnt mit dem gleichen Stimmergebnis wurde ein Antrag der Linksfraktion (17/11043) zum System der Verwertungsgesellschaften. Die Fraktion hatte unter anderem gefordert, diese Einrichtungen gesetzlich zu einer "grundlegend demokratischen Binnenstruktur" zu verpflichten und die Aufsicht über die Gesellschaften durch eine Bundesbehörde neu zu regeln.

Drei Jahre nach Beginn der Aufstände in den arabischen Staaten präsentieren deutsche Orientalisten eine erste fundierte wissenschaftliche Analyse der "Arabellions". Der Sammelband präsentiert detaillierte Beschreibungen der Ursachen und des Verlaufs der sozialpolitischen Proteste und Aufstände. Zu den interessantesten Artikeln des Bandes gehören die Darstellungen der Bürgerkriege in Libyen und in Syrien sowie die Politik Irans in der arabischen Welt.

Zu Recht weisen die Autoren darauf hin, dass die Anfänge des "Arabischen Frühlings" konkret benannt werden können. Dagegen sei der Ausgang ungewiss, insbesondere hinsichtlich der politischen Konsequenzen. In Ägypten sei auf die "anfängliche Euphorie angesichts der restauratorischen Kräfte des Militärs bald Ernüchterung" gefolgt. Auch in anderen Staaten habe die Arabellion zu einem Erstarken des politischen Islams und der Islamisten geführt. Dabei registrieren die Autoren sehr wohl die Unterschiede zwischen den einzelnen islamistischen Kräften: Jene, die einen Regierungsauftrag erhalten haben, handelten in der Regel "real-politischer" und pragmatischer als vorher angekündigt.

Obwohl der "Arabische Frühling" ein rein regionales Phänomen sei, fänden sich darin klassische Elemente des sozialen Protestes, gegen Arbeitslosigkeit, Verarmung großer Teile der Bevölkerung, fehlende Menschenrechte und grassierende Korruption. "Möglicherweise" sei die arabische Mittelschicht nicht so sehr an einem radikalen Systemwandel interessiert, mutmaßen die Autoren und erinnern an deren Zurückhaltung in Ägypten und in Syrien. Schließlich hätten die Bürgerkriege funktionierende staatliche Strukturen zerstört.

Das Fazit der Orientalisten über die "Arabellions" fällt insgesamt ernüchternd aus: Die Region sei noch sehr weit von einer demokratischen Transition entfernt. Für einen echten Systemwechsel sei mehr nötig als der Sturz eines Diktators, betonen die Herausgeberinnen Annette Jünemann und Anja Zorob.

Annette Jünemann, Anja Zorob (Hg):

Arabellions. Zur Vielfalt von Protest und Revolte im Nahen Osten und Nordafrika.

Springer VS, Wiesbaden 2013; 337 S., 34,99 €

"Vae vicitis! Wehe den Besiegten!" Dieses Motto galt meist für die Kriegsführung in der Antike, vor allem wenn Roms Legionen gegen andere Völker und Staatswesen in die Schlacht zogen. Gemeint ist, dass die Besiegten meist wenig Gnade von den Siegern erhoffen durften. Die totale Zerstörung Karthagos durch die Römer und der Verkauf seiner Bevölkerung in die Sklaverei am Ende der Punischen Kriege zeugen davon.

In den vergangenen 2.500 Jahren haben sich die Spielregeln des Krieges, seiner Beendigung und der Umgang mit Besiegten jedoch drastisch verändert. Der deutsche Historiker Holger Afflerbach hat jetzt eine hervorragende Geschichte der Kriegsführung und der Kapitulation vorgelegt. Unter dem Titel "Die Kunst der Niederlage" zeichnet er nach, wie sich gesellschaftliche und politische Veränderungen und Entwicklungen in der Waffentechnik auf die Frage ausgewirkt haben, wie Kriege beendet werden. Afflerbach schlägt dabei einen Bogen von der Steinzeit bis in die Tage des asymetrischen Krieges gegen Partisanen und Terroristen.

Besonders lobenswert ist es, dass der Historiker herausgearbeitet hat, wie sich die moderne Waffentechnologie auch auf die Soldaten im Krieg auswirkt. So zeigt er auf, dass der Einsatz von Fernwaffen und in jüngster Zeit von Kampfdrohnen das über Jahrhunderte tradierte "ritterliche Ideal" des Soldatenberufs aushebelte. Stets wurde Soldaten ein gewisses Maß an Todesverachtung und Mut zugesprochen. Die Steuerung einer Drohne hingegen erfordere lediglich eine technische Ausbildung. Afflerbach zitiert in diesem Zusammenhang den israelischen Militärhistoriker Martin van Creveld. Der hatte zugespitzt formuliert: "Den Tod hinzuzufügen, ohne ihn selbst fürchten zu müssen, das ist nicht das Charakteristikum des Soldaten, sondern das des Henkers."

Und Afflerbach zeigt am Beispiel von Feldpostbriefen britischer Soldaten aus dem ersten Irak-Krieg, dass unter Soldaten im Kriegseinsatz die in modernen Zeiten eher vorhandene Bereitschaft zur Beendigung eines Konfliktes und zur Schonung des unterlegenen Gegners deutlich abnimmt.

Holger Afflerbach:

Die Kunst der Niederlage. Eine Geschichte der Kapitulation.

Verlag C.H. Beck, München 2013; 320 S., 14,95 €