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Lobbyistin der Kommunen: Petra Hinz

10.06.2013
2023-08-30T12:24:00.7200Z
3 Min

Mit Kommunalpolitik kennt sich Petra Hinz bestens aus. Immerhin 16 Jahre lang war die SPD-Politikerin Mitglied im Rat der Stadt Essen. Als direkt gewählte Abgeordnete vertritt sie seit 2005 die Interessen ihrer Heimatregion im Bundestag, wo sie im Finanzausschuss sitzt. Und anders als die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage der Koalitionsfraktionen schätzt sie die finanzielle Lage der Kommunen alles andere als rosig ein. "Es gibt einige reiche Kommunen, aber auch viele sehr arme", sagt sie. In den seltensten Fällen sei diese Situation selbstverschuldet. "Vielfach hat es mit einem Strukturwandel zu tun, der noch nicht abgeschlossen ist", fügt sie hinzu und verweist auf das Ruhrgebiet, wo sinkende Einwohnerzahlen, Veränderungen im Sozialbereich und Arbeitsplatzverluste Folgen des Strukturwandels seien. Zudem hätten Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene - "egal in welcher Zusammensetzung" - Gesetze erlassen, ohne den Kommunen die finanziellen Mittel für deren Umsetzung zur Verfügung zu stellen, räumt die Finanzpolitikerin ein.

Darüber hinaus sind da noch die "klebrigen Finger mancher Bundesländer", wie sie sagt. Beispiel dafür: Nordrhein-Westfalen unter der schwarz-gelben Landesregierung. Im Rahmen des Kita-Ausbaugesetzes im Jahr 2008 seien 600 Millionen Euro nach NRW geflossen, sagt Petra Hinz. "Das Geld ist aber nicht bei den Kommunen angekommen", kritisiert sie. Daraus folgt aus ihrer Sicht, dass der ab August dieses Jahres geltende Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz nicht umfassend einzulösen sei. "Die Stadt Essen kann das definitiv nicht gewährleisten. Nicht im August und auch nicht in einem Jahr", macht sie deutlich. Resultat dessen seien weitere Kosten, die durch die zu erwartenden Klagen auf die Kommunen "zurollen".

Wie aber kann in der aktuellen Situation den Kommunen nachhaltig geholfen werden? Petra Hinz spricht sich für eine Entschuldung oder einen Finanzausgleich unter den Kommunen aus. Die Koalition, und insbesondere die FDP, hielten dem zwar entgegen, dass es einen freien Wettbewerb unter den Kommunen geben müsse, aber: "Wenn man in einer Spirale der Verschuldung erst einmal steckt, hat man gar keine Chance, am Wettbewerb teilzunehmen", sagt sie. Folge dessen sei, dass beispielsweise betroffene Kommunen keine Städtebaufördermittel abrufen könnten, weil ihnen die Komplementärmittel fehlten. "Dann können keine Aufträge vergeben werden, der Mittelstand wandert ab, Arbeitsplätze gehen verloren und Sozialausgaben steigen", malt die SPD-Abgeordnete ein düsteres Szenario und kommt zum Schluss: "Wir müssen den Kommunen, die sich nicht aus eigener Kraft entschulden können, unter die Arme greifen. Sonst greift die Abgabenspirale, die alle Bürger durch zusätzliche Belastungen trifft."

Als Oppositionspolitikerin sagt sich das leicht. Doch wie steht es mit der Umsetzbarkeit der SPD-Forderungen aus den vergangenen knapp vier Jahren? "Unsere Maßnahmen und Forderungen haben einen Sofort-Programm-Charakter nach der Übernahme der Regierungsverantwortung", zeigt sich Petra Hinz kämpferisch.

Für eine Sache zu kämpfen und sich einzumischen, war ohnehin schon früh ihr Ding. "Ich habe erkannt, dass ich damit auch etwas erreichen kann", erinnert sie sich etwa an die Zeiten als Schülersprecherin. Ihr politisches Interesse erwuchs auch aus dem Wunsch, Deutschland möge nie mehr eine Diktatur wie die der Nationalsozialisten erleben. Und dann war da noch Willy Brandt. "Ich habe ihn erstmals bewusst als kleines Mädchen 1969 in der Essener Gruga-Halle erlebt", erzählt die 50-Jährige. Schon damals habe er durch seine Ausstrahlung beeindruckt. "Ihm habe ich vertraut, gerade weil er ein Mensch mit Ecken und Kanten und nicht der aalglatte Politiker war." Als gerade mal 17-Jährige wurde Petra Hinz schließlich SPD-Mitglied. Am 22. September tritt sie an, um zum dritten Mal hintereinander direkt in den Bundestag gewählt zu werden. "Ich glaube, dass die Menschen sehen, dass ich mich in Berlin einmische und für praxisnahe Regelungen einsetze, die vor Ort auch tatsächlich umgesetzt werden können", gibt sie sich optimistisch.