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Bei Zinsanstieg Kursverlust

fINANzen II Anleihen folgen der Marktentwicklung

28.10.2013
2023-08-30T12:24:06.7200Z
3 Min

Anleihen sind Wertpapiere, die von Staaten oder von Unternehmen herausgegeben werden. Klassische Anleihen (Sonderformen und Ratings sollen hier außer Acht bleiben) haben zwei Gemeinsamkeiten: eine bestimmte Laufzeit und einen bestimmten Zinssatz.

Rolf Florian, Finanzvorstand der Debeka-Versicherung, erläutert, wie eine Anleihe funktioniert: 2012 kauft ein Unternehmen eine Anleihe im nominalen Wert von 100 Millionen Euro. Da der Kurs bei 100 Prozent liegt, beträgt der Kaufpreis auch 100 Millionen Euro. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre. Das heißt: Nach fünf Jahren zahlt der Emittent (Staat oder Unternehmen) die 100 Millionen Euro zurück. Zwischendurch erhält der Käufer, zum Beispiel eine Lebensversicherung, pro Jahr einen festen Zins von vier Prozent. Die Zinszahlung beträgt vier Millionen Euro jährlich. Würde sich das Zinsniveau auf den Finanzmärkten nicht ändern, würde dieses Beispiel unverändert bis zum Ende der Laufzeit der Anleihe in fünf Jahren so gelten.

Stille Reserven

Allerdings gilt in einer Marktwirtschaft der Grundsatz, dass das einzig Beständige der Wandel ist, und so ändert sich das Zinsniveau regelmäßig. Die für 100 Millionen Euro erworbene Anleihe macht die Zinsänderung mit, indem sich der Kurs verändert. Dabei gilt: Sinkt der Marktzinssatz von vier Prozent (das war der Marktzins zu dem Zeitpunkt, als die Anleihe herausgegeben wurde) auf drei Prozent, steigt der Kurs auf 105 Prozent. Das heißt, die Anleihe ist plötzlich mehr wert, und der Käufer (die Lebensversicherung) verfügt auf einmal über eine stille Reserve von fünf Millionen Euro.

Je länger die Laufzeit ist, desto heftiger fallen die Kursschwankungen aus. So wird der Kurs der Anleihe von 100 Millionen Euro bei einer Laufzeit von 20 Jahren auf 114 Prozent steigen. In diesem Fall würde das Unternehmen eine stille Reserve von 14 Millionen Euro haben. Die jährliche Ausschüttung von vier Millionen Euro ändert sich übrigens nicht. "Stille Reserven bei festverzinslichen Wertpapieren sind nur eine Reaktion auf geänderte Marktzinsen" , sagt Florian. Die Reserven lösen sich zum Ende der Laufzeit wieder auf. Der Käufer erhält seine 100 Millionen zurück und keinen Cent mehr.

Wer die Kursgewinne mitnehmen will und das Wertpapier zu 114 Prozent verkauft, gewinnt gar nichts: Wenn er die 114 Millionen dann zum niedrigeren Marktzins von drei Prozent wieder anlegt, kommt am Ende auch nicht mehr Geld raus. "Das Halten des vierprozentigen Papieres oder der Verkauf zum höheren Kurs und Wiederanlage zum niedrigeren Marktzins ist hinsichtlich des wirtschaftlichen Erfolgs in beiden Fällen identisch", sagt Florian, der deshalb vor der Ausschüttung von Bewertungsreserven warnt. Durch die Ausschüttung dieser Scheingewinne sinke die Verzinsung des verbleibenden Bestandes.

Nun kann es auch vorkommen, dass das Zinsniveau steigt wie in jüngster Zeit. Für die Anleihe heißt das: Klettert der Marktzins auf fünf Prozent, sinkt der Kurs auf 96 Prozent. Der Käufer hätte plötzlich statt einer stillen Reserve eine "stille Last" und zwar von vier Millionen Euro. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren fällt der Kurs sogar auf 88 Prozent, und die "stille Last" würde sich auf zwölf Millionen Euro erhöhen. Lebensversicherte werden ürigens an diesen "stillen Lasten" nicht beteiligt.

Banken warnen vor den Risiken: "Stark steigende Kapitalmarktzinsen führen bei festverzinslichen Wertpapieren zu erheblichen Kursverlusten", schreibt etwa die Deutsche Industriebank (IKB) in einem Handbuch für Anleger. Aber auch hier gilt: Hält der Anleger das Papier bis zum Laufzeitende, löst sich die "stille Last" auf, und es gibt die 100 Millionen Euro zurück.