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Der Kronzeuge

NSA-AFFÄRE Abgeordnete würden den Informanten Snowden gerne befragen. Aber das birgt politische und persönliche Risiken

25.11.2013
2023-08-30T12:24:08.7200Z
2 Min

Die Sache ist politisch extrem heikel. Den früheren Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA, Edward Snowden, gewissermaßen als Kronzeugen nach Deutschland zu holen und zu befragen, würde Licht ins Dunkel der US-Abhöroperationen bringen, wäre aber vermutlich mit einem irreparablen transatlantischen Zerwürfnis verbunden. Wäre eine solche Befragung in Deutschland schon an sich schwierig, würde sich im Anschluss die Frage nach einem Asylantrag stellen, da Snowden in den USA wegen Geheimnisverrats verfolgt wird und in Russland nur auf ein Jahr befristet Asylrecht genießt, vorausgesetzt, er bleibt im Land. Für Deutschland geht es um Aufklärung, für den 30-jährigen Snowden geht es um alles.

Asylfrage strittig

Weil die Sache rechtlich pikant ist, werden verschiedene Optionen diskutiert. So könnte Snowden von deutschen Parlamentariern in Russland oder in einem anderen Drittland befragt werden. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele überraschte am 31. Oktober mit einem Treffen des Informanten in Moskau und dessen Zusicherung, er wäre bereit, als Zeuge an der Aufklärung mitzuwirken, vorausgesetzt, seine Sicherheit sei gewährleistet. Grüne und Linke wollen einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, ob er zustande kommt, ist aber noch unklar.

Rechtsexperten bezweifeln, dass Snowden hier Asylrecht geltend machen könnte. Zudem besteht auf deutscher Seite ein Auslieferungsabkommen mit den USA. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) lehnt ein Asyl für den Whistleblower ab mit der Begründung, dieser sei kein politisch Verfolgter. Der Grünen-Europaabgeordnete Werner Schulz schlug vor, Snowden vor dem Geheimdienste-Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments anzuhören, weil ja nicht nur Deutschland betroffen sei. Die Grünen-Fraktion im Bundestag beantragte, dem US-Informanten in Deutschland dauerhaften Schutz und Aufenthalt zu gewähren, weil ohne dessen "mutige Enthüllungen" bis heute über die Grundrechtsverletzungen nichts bekannt wäre. Auch die Fraktion Die Linke beantragte, dem Amerikaner eine Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen und humanitären Gründen (Paragraf 22 Aufenthaltsgesetz) zuzubilligen.

Die SPD rät wie die Union zur Vorsicht. Der SPD-Innenexperte Thomas Oppermann sagte unlängst: "Ich bin strikt dagegen, dass wir ihn einladen, wenn wir nicht ausschließen können, dass wir ihn hinterher ausliefern müssen." Die USA erwarten eine kooperative Haltung der Deutschen. US-Außenminister John Kerry versprach zugleich eine rasche Aufarbeitung der NSA-Affäre. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), deren Mobiltelefon auch angezapft wurde, und den amtierenden Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat die transatlantische Partnerschaft mit den USA überragende Bedeutung. Entsprechend äußerte sich Merkel in der Bundestagsdebatte vergangene Woche nicht explizit zum Fall Snowden, sondern merkte zur NSA-Affäre nur allgemein an, dass "gravierende Vorwürfe" im Raum stünden und "neues Vertrauen" aufgebaut werden müsse.