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Kein Grund zum Feiern

BILANZ Auch wenn die Euro-Krise etwas abgeflaut ist, dauern die Rettungsarbeiten an. 2014 wird ein Jahr des politischen Umbruchs auf dem Kontinent sein

23.12.2013
2023-08-30T12:24:09.7200Z
4 Min

Verglichen mit den Vorjahren hat die Eurokrise 2013 an Schärfe verloren. Trotzdem mahnt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Die europäische Staatsschuldenkrise ist ohne Zweifel noch nicht überwunden." Die Krisenbewältigung wird auch im kommenden Jahr eine wichtige Rolle auf der europäischen Ebene spielen. Neue Gesetzesinitiativen wird es aus Brüssel im kommenden Jahr nicht geben. Weil im Mai ein neues Europa-Parlament gewählt wird und im November eine neue EU-Kommission antritt, legt die Gesetzesmaschinerie 2014 erst einmal eine Pause ein.

Hilfe für Zypern

In Brüssel begann 2013 mit einem Generationenwechsel: Der 47-jährige Jeroen Dijsselbloem, in den Niederlanden keine drei Monate als Finanzminister im Amt, übernahm im Januar den Vorsitz der EuroGruppe von dem 59-jährigen Veteranen, Jean-Claude Juncker. Im März 2013 eskalierte die Eurokrise noch einmal: Das Rettungspaket von zehn Milliarden Euro für das kleine Zypern musste nachverhandelt werden. Erst in einer zweiten Sitzung binnen zehn Tagen kam es zu einer Lösung, bei der Anleger mit Einlagen von bis zu 100.000 Euro geschützt waren, wie es europäisches Recht vorsieht. Zypern war nach Griechenland, Irland, Portugal und Spanien das fünfte Land der Eurozone, das Hilfe von außen benötigte.

Immerhin gab es in diesem Jahr auch gute Nachrichten aus der Eurozone. Slowenien bekräftigte gerade erst im Dezember, dass es seine angeschlagenen Banken aus eigener Kraft sanieren will. Die größte Erleichterung herrscht in Brüssel über Irland, das am 15. Dezember als erstes Land der Eurozone ein internationales Rettungsprogramm beendet hat. In Brüssel wird Irlands Weg zurück an die Finanzmärkte als Beweis gesehen, dass der EU-Ansatz zur Krisenbewältigung funktionieren kann. "Das erfolgreiche Ende des irischen Programms ist ein starkes Signal, dass unsere gemeinsame Antwort auf die Krise Ergebnisse erzielt", betont etwa EU-Währungskommissar Olli Rehn. In anderen Ländern zeigt die EU-Strategie allerdings sehr viel weniger Ergebnisse. Griechenland verschleppt weiter Reformen. Die jüngste Tranche des Rettungspakets, die im Juli ausgezahlt hätte werden sollen, wurde gerade erst frei gegeben, weil das Land die Voraussetzungen wieder einmal nicht erfüllt hat. Im kommenden Jahr steht eine Grundsatzfrage zu Griechenland an: Müssen nach dem Schuldenschnitt der privaten Anleger eventuell auch die öffentlichen Anleger auf einen Teil ihrer Ansprüche verzichten? Die Finanzminister haben bisher geflissentlich ausgeklammert, dass Griechenlands Schuldenberg immer noch so groß ist, dass ihn das Land nicht wird abtragen können. Ohne Schuldentragfähigkeit wird der Internationale Währungsfonds aber bei der Rettungsaktion nicht an Bord bleiben können. In Portugal ist zwar Fortschritt zu erkennen, aber noch ist nicht klar, ob das Land wie geplant das Hilfsprogramm Mitte 2014 verlassen kann. In diesem Jahr gab es Verunsicherung, weil im Sommer die Regierung zu zerbrechen drohte und das Verfassungsgericht zum vierten Mal die Politik zu Nachbesserungen bei der Sparpolitik zwang.

2014 wird die Politik zu einem großen Teil damit beschäftigt sein, bestehende Tagesordnungspunkte abzuarbeiten. Ein zentrales Projekt, das es weiterzuführen gilt, ist die Bankenunion. Auf den letzten Metern haben die Finanzminister vergangene Woche in der Nacht vor dem EU-Gipfel eine Grundsatzeinigung für die Bankenabwicklung erzielt. Damit stehen nun alle drei Säulen der Bankenunion: Die gemeinsame Aufsicht, die harmonisierten Regeln für die nationale Einlagensicherung und die Abwicklung. Bei der Abwicklung sind allerdings noch Details zu klären, was die Minister bis Februar erreichen wollen. Außerdem gibt es Kritik aus dem Parlament, das noch zustimmen muss.

Bevor die gemeinsame Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank im Herbst 2014 an den Start geht, werden die Bankenaufseher zunächst die Bilanzen der rund 130 betroffenen Banken gründlich überprüfen und anschließend einen Stresstest absolvieren. Experten gehen davon aus, dass dabei Lücken in den Kapitaldecken der Banken zu Tage kommen. Schätzungen variieren zwischen 50 und 650 Milliarden Euro. Noch ist nicht geklärt, wer in einem solchen Fall einspringt.

Vor den Europa-Wahlen Ende Mai 2014 möchten einige Kommissare gerne noch laufende Dossiers abschließen. Justizkommissarin Viviane Reding treibt die Arbeit an der Datenschutzrichtlinie an. Sie fühlt sich durch den NSA-Skandal bestätigt, dass Europa strengere Regeln zum Datenschutz benötigt. Allerdings hat die Bundesregierung die Brüsseler Pläne bisher blockiert. Daran dürfte sich auch mit einer großen Koalition in Berlin wenig ändern. Die deutsche Energiewende wird 2014 verstärkt aus Brüssel unter Druck kommen. In der letzten Kommissionssitzung vor Weihnachten hat Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia ein Beihilfeverfahren gegen die Ausnahmen für stromintensive Unternehmen beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eröffnet, das bis Sommer 2014 abgeschlossen sein könnte Almunia kritisiert die deutschen Subventionen für Solar- und Windenergie als zu dirigistisch. Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) hat bereits zu verstehen gegeben, dass er die Korrekturen der großen Koalition beim EEG für zu geringfügig hält. Das Thema Energie wird 2014 mit Sicherheit für Konflikte zwischen Berlin und Brüssel sorgen.

EU-Erweiterung

Im aktuellen Jahr hat die EU mit Kroatien zum ersten Mal seit sechs Jahren ein neues Mitglied aufgenommen. Gleichzeitig hat Island seine Beitrittsambitionen aufgegeben. Die neue Mitte-Rechtsregierung des Inselstaats hat nach dem Wahlsieg im April Brüssel eine Absage erteilt. Somit wird unwahrscheinlich, dass die EU auf die Schnelle wächst. Nach dreijähriger Pause hat Brüssel im November erstmals ein neues Verhandlungskapitel mit der Türkei eröffnet. Aber niemand in Brüssel rechnet mit schnellem Fortschritt - zumal sich in Berlin die Koalitionspartner einig sind, dass die Verhandlungen "ergebnisoffen" geführt werden sollen. Die Beitrittsgespräche mit Serbien werden im Januar 2014 eröffnet, Albanien muss dagegen weiterhin auf den Kandidatenstatus warten.

2013 haben Europäer und Amerikaner nach langen Diskussionen die Verhandlungen für ein transatlantisches Freihandelsabkommen aufgenommen, von denen sich Europa einen Wachstumsschub von 119 Milliarden Euro erhofft. EU-Handelskommissar Karel de Gucht möchte die Gespräche noch vor Ablauf seines Mandats im Herbst 2014 beenden. Doch dieser Zeitplan erscheint wenig realistisch. Wahrscheinlich wird sein Nachfolger übernehmen müssen.