Der Informatiker, Musiker und Philosoph Jaron Lanier hat eine neue Streitschrift gegen Open-Source-Systeme, das kostenlose Internet im Allgemeinen und Wikipedia im Besonderen vorgelegt. Damit knüpft er an sein erfolgreiches Buch "Gadget" an, mit dem er sich international einen Namen machte. Obwohl der Erfinder des Begriffs der "virtuellen Realität" einst die Schule abbrach, unterrichtet er heute an der renommierten University of California in Berkeley und arbeitet für Microsoft.
Mit "Wem gehört die Zukunft" führt Lanier seinen Kreuzzug gegen digitale Monopolisten wie Google, Facebook oder Versicherungsunternehmen weiter, die mittels gigantischer Server die Bevölkerung, die Politik und die Wirtschaft kontrollieren. Treffend spricht er in Anspielung auf die griechische Mythologie von "Sirenenservern", die die Demokratie bedrohen. Lanier geht es aber nicht nur darum, die Überwachungsmöglichkeiten in Diktaturen oder die Praktiken von Geheimdiensten anzuprangern. So kritisiert er beispielsweise die amerikanischen Präsidentschaftswahlkämpfe mit ihren detaillierten Datenanalysen der Wählerinnen und Wähler. Die "Sirenenserver" leisten nach Laniers Ansicht einer Machtkonzentration in Politik und Wirtschaft Vorschub. Um diesen Prozess zu stoppen, sei in der Informationsökonomie eine starke Mittelschicht erforderlich. Doch selbst deren Erfolgschance schätzt er nicht sonderlich hoch ein.
Lanier warnt davor, persönliche Daten kostenlos an Großkonzerne zu verschenken, die damit Milliarden verdienten. Den unkritischen Konsumenten und den selbsterklärten "Cyber-Demokraten" wirft er vor, die Risiken der Alles-umsonst-Kultur zu ignorieren. Auch Tablet-Computer oder Smartphones sollten nicht glorifiziert werden, denn sie dienten mehr der Kontrolle als der Freiheit des Menschen. Deren hemmungsloser Gebrauch führe zum "Sieg der Passivität über die aktive Mitbestimmung".
Laniers Streitschrift ist ein Muss für jeden, der sich über seine persönliche digitale Existenz im Internetzeitalter Klarheit verschaffen will.
Wem gehört die Zukunft? Du bist nicht der Kunde der Internet-Konzerne, du bist ihr Produkt.
Hoffmann & Campe, Hamburg 2014; 480 S., 24,99 €