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"Wir treten im Moment kraftvoll auf der Stelle"

FALL EDATHY In der Affäre um den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten rückt die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses immer näher

07.04.2014
2023-08-30T12:26:12.7200Z
2 Min

Zum vierten Mal innerhalb von vier Sitzungswochen hat sich der Innenausschuss vergangene Woche mit der Affäre um den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy befasst, dem der Erwerb von kinderpornographischem Material vorgeworfen wird. Fünfeinhalb Stunden befragte das Gremium an diesem Mittwoch mehr als ein halbes Dutzend Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes (BKA) mit Behördenchef Jörg Ziercke an der Spitze, doch konnte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) anschließend nur das ernüchternde Fazit ziehen: "Wir treten im Moment kraftvoll auf der Stelle". Er glaube auch nicht, dass weitere Sitzungen des Innenausschusses zu dem Thema Sinn machten. Sollte es einen Untersuchungsausschuss zu der Affäre geben, werde seine Fraktion darin "konstruktiv mitarbeiten".

Gysi zieht nach

Zu diesem Zeitpunkt hatte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz bereits einen Untersuchungsausschuss gefordert, während Die Linke sich dies noch offenhielt. Einen Tag später zog deren Fraktionschef Gregor Gysi nach: "Jetzt machen wir das zusammen", kündigte er an. Es gebe "bestimmte Fragen, die wir nur über einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss geklärt bekommen, weil dann auch die Strafprozessordnung gilt". Anfang dieser Woche wollten Innenexperten beider Fraktionen nach den Worten von Gysi-Vertreter Jan Korte über Details sprechen.

Die innenpolitischen Sprecher der Unions- und der SPD-Fraktion, Stephan Mayer (CSU) und Michael Hartmann, sahen indes keinen Bedarf für einen Untersuchungsausschuss, machten aber deutlich, sich einer entsprechenden Forderung der Opposition nicht widersetzen zu wollen. Auch Ziercke sah "nicht, was noch alles untersucht werden soll". Die "zentrale Frage" sei gewesen, ob er oder der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vor dem 15. Oktober 2013 von dem Verdacht gegen Edathy erfahren habe, und das sei "eindeutig nicht der Fall", was man auch "eindeutig nachweisen" könne, argumentierte er.

Nach der dritten Sitzung des Innenausschusses zur Affäre Edathy im März hatte es den Anschein gehabt, als sei der Fall in dem Gremium weitgehend abgehandelt. Dann wurde jedoch durch die Regierungsantwort (18/931) auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion bekannt, dass nach der Anlage von Einzelvorgängen zu den Beschuldigten der Operation "Selm" im BKA-Vorgangsbearbeitungssystem zwei Beamtinnen des zuständigen Fachreferats bis zum 8. Oktober 2013 fünf Mal auf den Edathy betreffenden Vorgang zugegriffen hatten. Zudem hatten vier weitere BKA-Beschäftigte bei Recherchen aus anderen Gründen in dem System Edathys Namen abgefragt, wobei auch die Betreff-Zeile "Besitz/Erwerb von Kinder-/Jugendpornografie" angezeigt wurde. War es da plausibel, dass das BKA erst am 15. Oktober 2013 erfahren haben soll, dass der Name des Bundestagsabgeordneten Edathy auf der Kundenliste des kanadischen Kinderpornohändlers stand?

Darum ging es im Kern bei der Ausschusssitzung der vergangenen Woche, deren Erkenntnisgewinn Bosbach danach so zusammenfasste: Die BKA-"Abteilung Kinderpornografie kannte nicht die Abgeordneteneigenschaft (Edathys), die, die die Abgeordneteneigenschaft kannten, sind dem Hinweis ,Kinderpornografie' nicht weiter nachgegangen - was soll man dazu sagen?"