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Kurz notiert

07.04.2014
2023-08-30T12:26:12.7200Z
4 Min

Pünktlich zur konstituierenden Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestages veröffentlichten die beiden "Spiegel"-Redakteure Marcel Rosenbach und Holger Stark ihr grandioses Buch über die Abhörtätigkeit des größten Geheimdienstes der Welt. Teile davon waren bereits in Aufsehen erregenden Titel-Geschichten des "Guardian" und des "Spiegel" zu lesen. In dem nun vorliegenden Band wird das ganze Ausmaß der Überwachung durch die National Security Agency (NSA) dargestellt.

Die Journalisten erzählen die Geschichte des jungen Amerikaners Edward Snowden, der die Verfassung seines Heimatlandes bewundert. Als IT-Experte bekommt er zuerst bei der CIA eine Stelle, danach bei einer privaten Firma, die im Auftrag der NSA das Internet ausspäht. Für den "digitalen Citoyen" Snowden bedeutet dies den Zusammenbruch seiner Welt: Die US-Regierung genehmigt nicht nur die verfassungswidrige Tätigkeit der Geheimdienste und überwacht verdachtsunabhängig die ganze Welt, sondern sie spioniert sogar die eigenen Staatsbürger aus. Täglich werden so bis zu sechs Milliarden Metadaten von Menschen abgeschöpft und gespeichert - nur weil sie telefonieren oder E-Mails versenden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen überwachen die NSA und der britische Geheimdienst GHCQ selbst treue NATO-Partner wie Deutschland. Die Recherchen der Autoren ergeben zweifelsfrei: Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel war Ziel dieser Überwachung.

Rosenbach und Stark verstecken sich nicht hinter den Snowden-Dokumenten. Vielmehr arbeiten sie die Gefahren für die Freiheit heraus, die von einem "demokratischen" Überwachungsstaat ausgehen. Zugleich rufen sie auf, die Kontrolle der Geheimdienste durch die Parlamente auf grundsätzlich neue Füße zu stellen. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses sollten allerdings eins bedenken: NSA-Chef Keith Alexander belog selbst den amerikanischen Kongressausschuss als er dessen Mitgliedern weismachte, innerhalb der USA werde nicht spioniert.

Marcel Rosenbach, Holger Stark:

Der NSA-Komplex.

Deutsche Verlags-Anstalt, München 2014; 383 S., 19,99 €

Marc Engelhardt gehört zu den wenigen deutschen Journalisten, die gut geschriebene Exklusiv-Reportagen aus den internationalen Krisen- und Kriegsgebieten veröffentlichen. In seinem neuesten Buch beschäftigt sich der frühere, langjährige Afrika-Korrespondent mit den Themen Terrorismus und organisierte Kriminalität auf dem afrikanischen Kontinent. Damit knüpft er an sein informatives Buch über die Piraterie vor der Küste Somalias an.

Engelhardt gelingt es, die Unterschiede zwischen dem "klassischen" islamistischen Terrorismus mit den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA und den in Afrika verbreiteten Erscheinungsformen darzulegen. Er erklärt, wie es möglich war, dass in Afrika zahlenmäßig unterlegene, islamistische Terrorgruppen und Bewegungen an die Macht gelangten und anschließend ganze Länder in Angst versetzen konnten. Nach Engelhardt führen afrikanische Terroristen im Gegensatz etwa zu Al Qaida keinen "Heiligen Krieg" gegen Europa und Amerika und streben auch nicht die Gründung eines islamischen Kalifats an. Tatsächlich wollen sie mit Hilfe des Terrors nur möglichst viel Geld verdienen. Der Journalist spricht deshalb von einem "symbiotischen Terrorismus", einer Mischform aus organisierter Kriminalität und Terrorismus mit einer islamistischen Färbung. Letzteres soll dem Morden eine ideologische Begründung und Legitimität verleihen. Und so bezeichnet Engelhardt diesen vermeintlichen "Heiligen Krieg" folgerichtig als schlichtweg "scheinheilig".

Mit seinen Reportagen über die aktuellen Entwicklungen in Mali und Nigeria, in Guinea-Bissau und Somalia, über Menschen-, Drogen- und Rohstoffhandel sowie über Schutzgelderpressung und Piraterie malt Engelhardt ein düsteres Panorama Afrikas. Dennoch ist er davon überzeugt, dass sich der Kontinent dem Terror nicht kampflos ergeben wird. Gleichzeitig warnt er jedoch vor allzu großen Hoffnungen. So beschreibt er die politischen Regierungssysteme etlicher Länder Afrikas als Diktaturen und Autokratien, deren Führer sich oft kaum von Terroristen unterscheiden würden.

Marc Engelhardt:

Heiliger Krieg - Heiliger Profit. Afrika als neues Schlachtfeld des internationalen Terrorismus.

Ch. Links Verlag, Berlin 2014; 223 S., 16,90 €