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Streit um mögliche Beitragserhöhungen

GESUNDHEIT Bundeszuschuss gekürzt. Zehn Millionen Euro gehen an Opfer des Bluterskandals

30.06.2014
2023-08-30T12:26:16.7200Z
3 Min

Ein Sprichwort besagt: "Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not." In der Gesundheitspolitik ist das jedoch nicht so einfach, wie es sich anhört. Denn wann ist Zeit, wie lässt sich überhaupt sparen und wann droht Not? Oder anders gefragt, ist nicht die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) angesichts der ständig steigenden Gesundheitsausgaben immer ein Stück weit in Not?

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kann froh sein, das schwierige Amt in einer Zeit üppiger GKV-Finanzen übernommen zu haben. Auf rund 30 Milliarden Euro summierten sich die Rücklagen in der GKV Ende 2013, darunter 13,6 Milliarden Euro im Gesundheitsfonds und 16,7 Milliarden Euro bei den Krankenkassen. Eine komfortable Ausgangslage, nur eben keine dauerhafte, denn schon deutet sich an, dass die Kosten den Einnahmen wieder einmal davonlaufen. Nach Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft droht der GKV in diesem Jahr ein Defizit von 1,7 Milliarden Euro, 2015 sollen es sogar 6,1 Milliarden Euro sein. Die gesetzlichen Kassen haben zudem im ersten Quartal 2014 erstmals seit langem wieder Verluste gemacht. Von Januar bis März stand unter dem Strich ein Defizit von 270 Millionen Euro. Aus Gröhes Sicht besteht kein Grund zur Sorge. Die höheren Ausgaben hingen mit Prämienzahlungen (236 Millionen) und freiwilligen Leistungen für die Versicherten (55 Millionen) zusammen, sagte er bei der Verabschiedung seines Etats (18/1023, 18/1024) vergangene Woche im Plenum. Ohne diese Sonderfaktoren ergäbe sich sogar ein Überschuss, fügte Gröhe hinzu, der auch den gekürzten Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds erneut gegen heftige Kritik der Opposition verteidigte. Diese Zuweisungen, die den Gesundheitsetat im Wesentlichen ausmachen, werden nach dem ebenfalls mit Koalitionsmehrheit gebilligten Haushaltsbegleitgesetz (18/1762) 2014 um 3,5 Milliarden Euro auf 10,5 Milliarden Euro reduziert. In den Jahren 2013 bis 2015 werden über den Bundeszuschuss somit insgesamt 8,5 Milliarden Euro für die Haushaltskonsolidierung eingespart.

Bundeszuschuss

Die Grünen-Abgeordnete Ekin Deligöz warnte, mit dem gekürzten Zuschuss würden Beitragssteigerungen provoziert, die künftig nur noch von den Arbeitnehmern getragen werden müssten, während die Arbeitgeber "fein raus" seien. Die Haushaltsexpertin der Linken, Gesine Lötzsch, monierte, zur Sanierung des Haushaltes werde "getrickst, was das Zeug hält". Bei einer gerechteren Steuerpolitik wäre diese "kreative Buchführung" unnötig. Gröhe betonte hingegen, die Mittel würden den Rücklagen entnommen, keine Kassenleistung werde deshalb gekürzt, auch kein Beitrag erhöht. Nach Ansicht Gröhes bietet der um 934 Millionen Euro auf rund 11,05 Milliarden Euro eingedampfte Etat die Basis für eine weiter hochwertige Gesundheitsversorgung. Kordula Schulz-Asche (Grüne) rügte gleichwohl, die Koalition drehe nur an einzelnen Stellschrauben eines zunehmend maroden Systems, statt etwa in den Bereichen Pflege, Krankenhäuser und Prävention nachhaltige Reformen in Gang zu setzen. Die SPD-Haushälterin Petra Hinz sprach von einem guten Haushalt, der den Hebammen ebenso wie der Kindergesundheit zugute komme und auch deutlich mache, dass die Pflegereform mit Vorrang angegangen werde. Es würden Mittel für den Kampf gegen Aids bereitgestellt sowie mehr Gelder zur Aufklärung der Bevölkerung nach dem Organspendeskandal. Der SPD-Abgeordnete Edgar Franke betonte, das Gesundheitssystem stehe vor enormen Herausforderungen. Die Sicherung der Pflege, auch auf lokaler Ebene, sei dabei von zentraler Bedeutung.

Fraktionsübergreifend gelobt wurde die Entscheidung, doch noch weitere zehn Millionen Euro für die Opfer des Bluterskandals bereitzustellen, die in den 1980er-Jahren durch Blutprodukte mit dem Aids-Virus infiziert worden waren. Damit ist die Stiftung "Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen" bis 2017 abgesichert. Jens Spahn (CDU) mahnte, nun seien auch alle anderen Unterstützer gefordert, eine Lösung zu finden, um die Stiftung dauerhaft zu finanzieren.