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FREIHANDEL : Streitpunkt Schiedsgerichte

Fachgespräch zu TTIP- und CETA-Abkommen

13.10.2014
2023-08-30T12:26:20.7200Z
2 Min

Das geplante Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) und das geplante Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) stoßen bei Experten auf ein geteiltes Echo. Insbesondere Fragen zum Investorenschutz und zu den Ratifikationsverfahren fanden in einem Fachgespräch im Europaausschuss vergangene Woche unterschiedliche Bewertung.

Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) bezeichnete die im Freihandel verkörperte Offenheit als „bevorzugtes Konzept zur Schaffung von Wohlstand“. Neben der Möglichkeit, Standards im Welthandel zu setzen, wäre ein solch „transatlantischer Schulterschluss“ auch ein wichtiges Zeichen für die Handlungsfähigkeit und den Gestaltungswillen der EU. Auch Jan von Herff vom Chemiekonzern BASF sprach von einem „positiven geostrategischen Effekt“. Die Abkommen böten die Möglichkeit der Regelsetzung weit über die Wirtschaftsräume der beteiligten Partner hinaus.

Im Anspruch, globale Standards zu setzen, sah hingegen die Juristin Isabel Feichtner (Goethe-Universität Frankfurt) eine „völkerrechtlich kritisch“ zu bewertende Abkehr vom Prinzip des Multilateralismus. Es bestehe etwa die Gefahr, dass die Welthandelsorganisation WTO ihre Rolle als Forum zur Regelung des Welthandels verliere.

Der Jurist Franz C. Mayer (Universität Bielefeld) nannte CETA und TTIP „umfassende Freihandels- und Investitionsschutzabkommen neuen Typs“, die weit über den Abbau von Zollschranken hinaus in den „Welthandel ausstrahlen“ würden. Als wichtigste Streitpunkte benannte er die geplanten Schiedsgerichtsverfahren sowie die Ratifikation der Abkommen innerhalb der EU. Während etwa die EU-Kommission CETA als „EU-only-Abkommen“ werte, sähen Mitgliedstaaten darin jeweils national zustimmungspflichtige „gemischte Abkommen“.

Ein Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, dass die Bundesregierung auf die Definition als „gemischte Abkommen“ – und damit auf die Ratifikation durch die EU-Mitgliedstaaten – dränge. Die EU-Kommission habe das Vorschlagsrecht, aber es liege „in der Hand des EU-Ministerrates die Definition festzulegen“.

IW-Volkswirt Jürgen Matthes brachte angesichts eines zu erwartenden mehrjährigen Ratifikationsprozesses Vorschläge ins Spiel, jene Teile aus den Abkommen, die national zustimmungspflichtig sind, auszukoppeln und andere Teile vorläufig anzuwenden. Er machte sich zudem für die umstrittenen Schiedsgerichtsverfahren stark: Fehlten diese, seien bei möglichen Freihandelsverhandlungen mit China solche Regelungen, die dann erst Recht im EU-Interesse seien, „einfach nicht argumentierbar“.

Isabel Feichtner betonte, dass es Alternativen beim Investorenschutz gebe: Dazu zählten etwa Versicherungslösungen und Streitschlichtungsverfahren „von Staat zu Staat“. Auch Franz C. Mayer konstatierte ein „Unbehagen“, mit den Schiedsverfahren eine durch die Öffentlichkeit nicht kontrollierte „Paralleljustiz“ einzuführen. Wirklich überzeugend seien solche Verfahren aus seiner Sicht nur bei einem „großen rechtsstaatlichen Gefälle“ zwischen den Verhandlungspartnern. Dieses sei im Falle CETA und TTIP nicht erkennbar, sagte Mayer.