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EDATHY-AUSSCHUSS : BKA-Beamte schildern komplexe Recherche in Kinderpornofällen

Erstmals wurden Zeugen befragt. Mit einer E-Mail der kanadischen Polizei kam der erste Hinweis auf den Kinderpornoring

13.10.2014
2023-08-30T12:26:20.7200Z
2 Min

Sie hatten als erste die kanadischen Dateien in Händen, in denen sich der Name des damaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy befand: Drei Beamte des Bundeskriminalamtes, mit denen der 2. Untersuchungsausschuss des Bundestages unter Vorsitz von Eva Högl (SPD) am Donnerstag in seine Zeugenbefragungen einstieg. Die Unterlagen stammten aus Ermittlungen gegen einen kanadischen Kinderporno-Vertrieb. Edathy war als Kunde der Firma gelistet, die sowohl strafbare als auch nicht strafbare Bilder und Videos im Angebot hatte. Warum der Name des Politikers so spät auffiel, ist eine der Fragen, die der Ausschuss zu klären versucht.

Hinweis aus Kanada In der öffentlichen Sitzung befragten die Abgeordneten zunächst Kriminalkommissar Florian Gruber. Er saß im September 2011 gerade an Ermittlungen in einem schweren Missbrauchsfall, als ihn die E-Mail einer kanadischen Kollegin erreichte: Sie habe Material, das für seinen Fall wichtig sein könnte. So schilderte Gruber die erste Berührung eines deutschen Ermittlers mit dem, was mehr als zwei Jahre später als „Edathy-Affäre“ Schlagzeilen machen sollte. Da die kanadische Polizistin zwei Monate später zu einer Europol-Fortbildung ins westfälische Selm kommen wollte, vereinbarte Gruber den Schilderungen zufolge, dass sich eine Kollegin und ein Kollege aus seinem Referat, die auch zu der Schulung angemeldet waren, das Material dort auf eine Festplatte überspielen lassen. Es handelte sich um rund 150 Videos, hunderte Fotos sowie eine Liste deutscher Kunden der kanadischen Firma. Gruber sagte aus, er habe nur mit einer Stichwortsuche geprüft, ob es in dem Material Verbindungen zu seinem Fall geben könnte, dann habe er das Material auf dem Beweismittel-Server seines Referats abgespeichert. Der Datei gab er den Namen „Selm“. Mit der späteren „Operation Selm“ des BKA, der Suche nach Straftätern in den übergebenen Daten, habe er nichts mehr zu tun gehabt. Der zweite Zeuge, Kriminalkommissar Ronny Liersch, hatte zusammen mit der dritten Zeugin, Kriminaloberkommissarin Julia Wiegand, die Dateien in Selm entgegengenommen. Liersch versicherte, nach der Übergabe der Festplatte an Gruber nicht mehr mit den Daten befasst gewesen zu sein. Wiegand dagegen wurde mit der Auswertung des Materials beauftragt.

Warum es fast zwei Jahre dauerte, bis gegen Edathy ermittelt wurde, erscheint nach den Aussagen plausibel. Demnach muss zunächst alles Bildmaterial daraufhin gesichtet werden, ob es strafbare Darstellungen enthält. Dann muss anhand der Bestelllisten geklärt werden, welche Kunden Material der strafbaren Kategorie 1 erhalten haben. Deren Namen werden dann den Landeskriminalämtern zur Identitätsprüfung zugesandt. Dabei wird auch geklärt, ob diese Kunden, etwa aufgrund ihres Berufs, Umgang mit Kindern haben, weil dann vorrangig ermittelt werden muss. Erst wenn diese Datensätze komplettiert und den Staatsanwaltschaften übergeben sind, kommen die Personen in Bearbeitung, die nur nicht-strafbares Material der Kategorie 2 bestellt hatten. Dazu gehörte Edathy.

Dass es sich um einen Abgeordneten handelte, fiel erst einem Polizisten in Edathys Heimatregion Nienburg auf, der eine Identitätsprüfung vornehmen sollte. Warum es noch Monate dauerte, bis Edathys Wohnung durchsucht wurde, will der Ausschuss später bei der Vernehmung niedersächsischer Ermittler klären.