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Finanzen : Die Wacht am Main

Europäische Bankenunion nimmt Gestalt an. Neue Behörde der EZB in Frankfurt

10.11.2014
2023-08-30T12:26:23.7200Z
4 Min

Die europäische Bankenunion nimmt Gestalt an. Vergangene Woche hat die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt die Aufsicht über die 120 größten Banken der Euro-Zone übernommen. Mehr als 1.000 neuangestellte Fachkräfte unter Führung der Französin Danièle Nouy wachen seitdem darüber, dass die Finanzinstitute nicht zu hohe Risiken eingehen und womöglich eine Finanzkrise wie 2008 auslösen. 13 Banken vornehmlich aus Italien und Griechenland, die beim vorausgegangenen Stresstest gepatzt hatten, müssen sich bis Mitte 2015 frisches Kapital besorgen. Spätestens dann müssen auch die Regelungen für den Umgang mit strauchelnden Banken in Kraft sein, vor allem die EU-Abwicklungsrichtlinie, die Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD). Für diesen zweiten Teil der Bankenunion hat der Bundestag jetzt die Weichen gestellt, indem er am vergangenen Donnerstag das BRRD-Umsetzungsgesetz (18/2575, 18/2626) verabschiedete.

Gegen Staatsbankrotte Eine neue Abwicklungsbehörde soll demnach künftig gefährdete Institute geordnet abwickeln können. Dabei sollen die Finanzstabilität gewahrt sowie öffentliche Mittel und gedeckte Einlagen der Kunden geschont werden. Die bisherigen nationalen Abwicklungsfonds sollen auf einen einheitlichen europäischen Abwicklungsfonds übertragen werden.

Auch das dafür erforderliche deutsche Gesetz (18/2576, 18/2627) hat den Bundestag passiert. Um eine Abwicklung noch abzuwenden, sollen Finanzinstitute in Zahlungsschwierigkeiten direkte Kapitalhilfen des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM bekommen können. Damit soll verhindert werden, dass aus einer Bankenkrise in einem Mitgliedsland eine Staatsschuldenkrise wird.

Das Plenum verabschiedete dazu zwei Gesetzentwürfe (18/2577, 18/2629, 18/2580, 18/2628). Mit einem weiteren Beschluss (18/2669) gab das Parlament den deutschen Vertretern im Gouverneursrat beziehungsweise im Direktorium des ESM freie Hand, dem Limit von 60 Milliarden Euro für solche Kapitalhilfen zuzustimmen. Dieses Limit soll sicherstellen, dass dem ESM ausreichend Ausleihvolumen für seine Hauptaufgabe bleibt, nämlich Staatsbankrotte zu verhindern. Klaus-Peter Flosbach (CDU) nannte das Gesetz zur Umsetzung der EU-Abwicklungsrichtlinie „eines der wichtigsten Gesetze der europäischen Finanzgeschichte“. Die Abwicklung oder Sanierung von Banken in Schieflage werde so geregelt, dass vorrangig die Eigentümer und Gläubiger haften, dann der von den Banken gespeiste Abwicklungsfonds. Flosbach zeigte sich überzeugt, dass die Finanzkrise nicht so eingetreten wäre, wenn es die Bankenunion damals schon gegeben hätte.

Genau das bezweifelte Alexander Ulrich (Die Linke). Das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Finanzkrise, dass nie wieder Steuerzahler für Banken haften sollten, werde mit den jetzt vorgelegten Maßnahmen gebrochen. Ulrich nannte die von der europäischen Bankenaufsicht geforderte Eigenkapitalquote von acht Prozent viel zu niedrig. Die US-Bank Lehman Brothers habe vor der Krise elf Prozent Eigenkapital gehabt. Auch sei das Volumen des Bankenabwicklungsfonds viel zu gering. Deshalb sei am Ende „wieder der Steuerzahler dran“. Alle Redner der Fraktion Die Linke kritisierten, dass es versäumt wurde, Großbanken zu zerschlagen. „Man ist nicht in Ansätzen an die Frage too-big-to-fail herangegangen“, monierte Axel Troost. Die Deutsche Bank alleine habe ein Finanzvolumen so groß wie die Wirtschaftsleistung Italiens und sei daher nicht abwickelbar. Troost kritisierte, dass deutsche Sparkassen und Genossenschaftsbanken in den Bankenabwicklungsfonds einzahlen sollen, obwohl sie über eigene Sicherungssysteme verfügten und ihn nie in Anspruch nehmen würden. „Auch hier findet die Umverteilung von unten nach oben statt.“

Dem entgegnete der Abgeordnete Johannes Kahrs (SPD), von den Linken werde „an der alten Legende gestrickt: Die fiesen Banken werden hier finanziert vom Steuerzahler, damit werden nur Lobbys bedient, und wer braucht überhaupt Banken?“ Die vorliegenden Gesetzentwürfe seien genau „die Lehre aus der Finanzkrise, die von den Linken vermisst wird“. Sein Fraktionskollege Manfred Zöllmer ergänzte, die Regelung der Bankenabgabe zur Finanzierung des Bankenabwicklungsfonds sei „aus unserer Sicht nicht optimal, aber akzeptabel“. Lösungen auf europäischer Ebene müssten immer ein Kompromiss sein. Es sei aber gelungen, einen nationalen Spielraum zu schaffen, um „kleinere Institute noch weiter zu schonen“.Gerhard Schick von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bemängelte die Regelung, wonach die Nationalstaaten noch so lange in der Verantwortung für die Bankenrettung bleiben sollen, bis der Bankenrettungsfonds aufgefüllt ist. Er schlug stattdessen eine Lösung wie in den USA vor, wonach der Bankenrettungsfonds im Bedarfsfall auch einen Kredit aufnehmen kann, den die Banken dann zurückzahlen müssen.

Trennbankensystem Wie auch die Linken forderte Schick ein Trennbanken-System, also die Abspaltung des Investment-Bereichs von Großbanken. Ebenso forderte er eine weitergehende Regulierung. „Wirkliche Stabilität im Finanzsektor ist durch das heutige Gesetz noch nicht erreicht“, resümierte er. „Wir kommen einen Schritt weiter, aber es bleiben große Aufgaben.“ Das gesamte Gesetzespaket wurde mit den Stimmen der Koalition beschlossen, dem BRRD-Umsetzungsgesetz stimmte auch die Grünen zu. Dagegen votierte die Fraktion Die Linke immer dagegen. Auch zwei Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion stimmten außer beim Gesetz über den Abwicklungsfonds immer mit Nein. Bei diesem Gesetz enthielt sich die Grünen, bei den übrigen Abstimmungen votierte sie mit Nein.