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NSA-Ausschuss : Spionieren in Grauzonen

Auch im Fall von Verboten eröffnen sich dem BND offenbar gewisse Spielräume

01.12.2014
2023-08-30T12:26:24.7200Z
2 Min

Der Disput zwischen André Hahn von der Linken und Stefan Burbaum, einst beim Bundesnachrichtendienst (BND) als „G-10-Jurist“ für Fragen im Zusammenhang mit dem von Artikel 10 des Grundgesetzes garantierten Fernmeldegeheimnis zuständig, mutete wie Wortklauberei an. Wenn an einem Internet-Knoten die Kopie eines Datenstroms auf BND-Rechner geleitet werde, würden dabei Informationen über Bundesbürger weder gespeichert noch erfasst, konterte der Zeuge entsprechende Vorwürfe Hahns: Die Daten seien noch „im Fluss“ und in dieser Phase würden Erkenntnisse über „Grundrechtsträger“ ausgefiltert und sofort „gelöscht“ oder „vernichtet“; erst nach dieser „Vorreduzierung“ werde die restliche Datenmenge gespeichert. Für Hahn indes zählt anderes: Zapfe der BND Kabel an, gelangten zunächst alle Datenströme und damit auch Informationen über Deutsche in dessen „Hoheit“.

Solche Details waren für Linke und Grüne wichtig, als sie vergangene Woche vor dem zur Aufklärung des NSA-Spähskandals eingesetzten Untersuchungsausschuss die These Burbaums hinterfragten, beim BND seien „G-10-Daten“ etwas „besonders Schützenswertes“. Für den Geheimdienst sind „G-10-Daten“, also Informationen über hiesige Bürger, eigentlich tabu. Schon gar nicht dürfen solche Erkenntnisse an den US-Geheimdienst NSA übermittelt werden. Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis muss die G-10-Kommission des Bundestags genehmigen. Die Abgeordneten sollen nun prüfen, ob sich der BND daran hält oder der NSA Schützenhilfe bei der millionenfachen Ausforschung der Telekommunikation von Deutschen geleistet hat.

Die Opposition ortete nicht nur bei der Frage, von welchem Zeitpunkt an der BND Daten von Bundesbürgern „speichert“, einen „Graubereich“, der Spielräume eröffnet. Ähnlich sieht es bei dem von Burbaum bestrittenen Vorwurf aus, der BND sammele Daten „massenhaft“: Das sei schon deshalb unmöglich, weil man nur 20 Prozent einer zur Ausspähung vorgesehenen Datenmenge auswerten dürfe. 20 Prozent? Dieses Limit beziehe sich auf die maximale Kapazität eines Datenstrangs, kritisierte Konstantin von Notz (Grüne), doch werde dieses Potenzial meist nicht voll genutzt: Sei ein Kabel nur zu zehn Prozent belegt, könne der BND zu 100 Prozent auf diesen Datenstrom zugreifen.

Und dann die „Funktionsträgertheorie“. Auch im Ausland darf der BND nicht Deutsche ausspionieren. Burbaum erläuterte, dass dies aber nicht für deutsche „Funktionsträger“ gelte, sofern sie dienstlich telefonieren oder E-Mails versenden – wenn etwa jemand für ein Unternehmen in Afghanistan arbeitet. Martina Renner (Linke) monierte, dass der BND somit auch hiesige Journalisten ausspähen könne, die für ausländische Medien berichten.

Daten von Ausländern kann der BND im Prinzip unbeschränkt nutzen, es sei denn, sie kommunizieren mit Deutschen. Auf dem Gebiet bewege sich der BND weithin im „rechtsfreien Raum“, kritisierte Christian Flisek (SPD). Aus Sicht von Roderich Kiesewetter (CDU) kann indes keine Rede davon sein, dass der BND in einem Graubereich agiere.