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DATENSCHUTZ : Zank um »Maulkorb«

Amt der Bundesbeauftragten wird ab 2016 oberste Bundesbehörde

22.12.2014
2023-08-30T12:26:26.7200Z
3 Min

Das Amt der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit erhält zum 1. Januar 2016 den rechtlichen Status einer obersten Bundesbehörde, die eigenständig und unabhängig ausgestaltet ist. Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/2848) verabschiedete der Bundestag am Donnerstag in der Ausschussfassung (18/3598) gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen.

Derzeit untersteht die Bundesbeauftrage der Dienstaufsicht des Bundesinnenministeriums (BMI), während die Rechtsaufsicht durch die Bundesregierung ausgeübt wird. In der Praxis finde keine Dienst- oder Rechtsaufsicht statt und die Unabhängigkeit werde nicht eingeschränkt, schreibt die Regierung in der Vorlage. Danach wird die Bundesbeauftragte mit Dienstsitz in Bonn künftig ausschließlich parlamentarischer und gerichtlicher Kontrolle unterstehen. Auf eine Rechtsaufsicht der Bundesregierung und Dienstaufsicht des BMI wird verzichtet und die organisatorische Anbindung an das Ministerium aufgehoben. Gewählt werden soll die Bundesbeauftrage laut Vorlage vom Bundestag.

Mit den Stimmen der Unions- und der SPD-Fraktion hatte der Innenausschuss am Mittwoch eine Änderung des Regierungsentwurfs beschlossen. Danach darf die Beauftragte als Zeugin aussagen, sofern die Aussage nicht Grundrechte verletzen oder „dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten“ würde, „insbesondere Nachteile für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder ihre Beziehungen zu anderen Staaten“. Auch darf sie nur „im Benehmen“ mit der Bundesregierung aussagen, wenn die Aussage „laufende oder abgeschlossene Vorgänge“ betrifft, „die dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung der Bundesregierung zuzurechnen sind oder sein könnten“. Nach dem Regierungsentwurf hätte eine Aussage in einem solchen Fall „nur im Einvernehmen mit der Bundesregierung“ erfolgen dürfen.

In der Debatte betonte der CSU-Parlamentarier Stephan Mayer, dass die Bundesbeauftrage damit bei Zeugenaussagen in Zukunft „sogar unabhängiger und stärker als Richter“ sei, „weil für diese durchaus das Erfordernis des Einvernehmens“ gelte. „Es wird kein Maulkorberlass verfügt“, betonte er. Zugleich verwies er darauf, dass mit dem Gesetz auch „eine Stellenerhöhung um sechs Stellen“ bei der Bundesbeauftragten beabsichtigt sei. Bei den Etatberatungen für 2016 werde man überlegen, wie die Stellensituation der Behörde zu gestalten sei, und dabei „ein offenes Ohr“ haben.

Der SPD-Abgeordnete Gerold Reichenbach nannte den Gesetzentwurf einen „wichtigen Schritt für den Datenschutz in Deutschland“. Er verteidigte zugleich die Regelung zu Zeugenaussagen. Danach entscheide die Bundesbeauftragte letztendlich eigenständig über eine Aussage. Sie müsse aber „in die Lage versetzt werden, Erkenntnisse, die ihrer Behörde nicht vorliegen, von der Bundesregierung einzuholen, die es ihr ermöglichen, in eigener Verantwortung zu beurteilen, ob der Kernbereich des Regierungshandelns tangiert ist“, argumentierte Reichenbach.

Für Die Linke äußerte ihr Fraktionsvize Jan Korte scharfe Kritik an der Regelung, mit der die Koalition für einen „strukturellen Maulkorb für die Bundesbeauftragte“ sorge. Er plädierte dafür, den Passus „in Gänze zu streichen“. Zugleich sprach sich Korte dafür aus, den Dienstsitz der Behörde nach Berlin zu verlagern, weil „diese Bundesregierung in Fragen des Datenschutzes eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung“ brauche.

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz hielt der Koalition vor, sie lege „kosmetische Korrekturen beim Maulkorb“ vor, doch bleibe es bei einer Genehmigungspflicht für die Bundesbeauftragte, „die sich ins ,Benehmen‘ mit dem BMI zu setzen hat“. Die Koalition stelle die Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten „eben auch heute nicht her“. Sie müsse die tatsächliche Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht gewährleisten und eine angemessene finanzielle und personelle Ausstattung der Behörde schaffen.

Die amtierende Bundesbeauftragte Andrea Voßhoff hatte bereits in der Ausschusssitzung deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht die formelle Unabhängigkeit ihres Amtes mit dem Gesetzentwurf erreicht werde. Sie warb zugleich dafür, in den Etatberatungen aufzugreifen, dass eine personelle Aufstockung bei der künftigen Behörde notwendig sei.