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AFFÄRE : »Beamter X« statt Edathy

Justiz soll widersprüchliche Aussagen überprüfen

02.03.2015
2023-08-30T12:27:57.7200Z
2 Min

Nicht in Berlin, sondern im Städtchen Verden nahe Bremen ging es vergangene Woche um Sebastian Edathy. Im dortigen Landgericht begann am Montag der Strafprozess gegen den früheren SPD-Abgeordneten. Normalerweise werden solch kleinere Delikte, wie sie Edathy zur Last gelegt werden, vor dem Amtsgericht verhandelt, aber wegen der öffentlichen Dimension des Falls hatte das Landgericht das Verfahren an sich gezogen. Richter Jürgen Seiffert stellte klar, dass Edathy, auch wenn sich die Anklage bestätigen sollte, nur ein niedriges Strafmaß zu erwarten habe. Und er zeigte sich offen für einen Deal, also eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage. Oberstaatsanwalt Thomas Klinge machte das aber von einer „geständigen Einlassung“ des Angeklagten abhängig. Das Gericht gab den Beteiligten bis zum nächsten Verhandlungstag an diesem Montag Zeit, über einen solchen Deal nachzudenken.

Ungeklärte Fragen  Lange vor Edathy war im gleichen Kinderporno-Großverfahren „Selm“ des Bundeskriminalamts (BKA) ein leitender Beamter des BKA unter Kinderporno-Verdacht geraten. Mit seinem Fall befasste sich vergangenen Mittwoch der

2. Untersuchungsausschuss des Bundestags. Dieser ist zwar als „Edathy-Ausschuss“ bekannt, doch ihm geht es nicht um Schuld oder Unschuld des Ex-Kollegen, sondern darum, ob im Gesamtverfahren etwas schiefgelaufen ist und darüberhinaus, ob der Staat im Kampf gegen Kinderpornografie gut aufgestellt ist. Also klassisch um parlamentarische Kontrolle staatlicher Institutionen. Besonderes Augenmerk richtet der Ausschuss dabei neben dem Fall Edathy eben auch auf den juristisch längst abgeschlossenen Fall jenes „Beamten X“ des BKA.

Drei Mitarbeiter aus der Leitung des BKA saßen im Zeugenstand, doch sie konnten längst nicht alle Fragen beantworten. So konnte der Leiter des Rechtsreferats, Matthias Meyer, nicht erklären, warum dem Beamten X erst elf Tage nach der Durchsuchung seiner Privatwohnung durch die Staatsanwaltschaft die Ausübung der Dienstgeschäfte untersagt und der Dienstausweis entzogen wurde. Ob er in der Zwischenzeit an seinem Schreibtisch war, konnte kein Zeuge sagen. Unmut bei vielen Ausschussmitgliedern erregte auch, dass der damalige BKA-Präsident Jörg Ziercke gegen den Rat seines Fachreferats nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens gegen den Beamten X keine Disziplinarklage eingereicht, sondern eine relativ milde Disziplinarmaßnahme verhängt hatte.

Zeuge Ziercke  Die Untersuchung des Falls Beamter X geht den März hindurch weiter. Auch Ziercke muss dann als Zeuge noch einmal ran. Danach rückt der Fall Edathy wieder in den Vordergrund, mit Zeugen aus dessen niedersächsischem Heimatland. Einer wird wohl der Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig sein, gegen den inzwischen ermittelt wird, weil er Dienstgeheimnisse in den Fällen Christian Wulff und Edathy an Medien gegeben haben soll.

Die widersprüchlichen Aussagen Edathys und seines Ex-Kollegen Michael Hartmann (SPD) sind unterdessen ebenfalls ein Fall für den Staatsanwalt. Nachdem Hartmann am 5. Februar vor dem Untersuchungsausschuss die Aussage verweigert hatte, beschloss der Ausschuss jetzt, die früheren Aussagen der beiden, zusammen mit weiteren Zeugenaussagen, zur Überprüfung auf mögliche uneidliche Falschaussagen der Justiz zu übergeben.