Der Gendarmenmarkt in Berlin mit Schauspielhaus, Französischem Dom und Deutschem Dom ist ein Besuchermagnet. Hier bietet sich nicht nur ein Blick zurück ins historische Berlin, sondern – hinter den Türen des Deutschen Doms – auch ein Einblick in die komplexe Geschichte des deutschen Parlamentarismus. Seit 2002 wird in der ehemaligen Kirche die Ausstellung „Wege – Irrwege – Umwege“ des Deutschen Bundestages gezeigt. Auf fünf Ebenen lässt sich die wendungsreiche Historie nachvollziehen: von den Anfängen in der Frankfurter Paulskirche 1848 über das Kaiserreich, die Weimarer Republik, die dunklen Jahre der NS-Zeit bis hin zum geteilten und dann wiedervereinten Deutschland.
Herzstück der Ausstellung ist die Ebene 1.1 – hier steht die parlamentarische Demokratie in der Bundesrepublik im Zentrum. Dieser Abschnitt wurde 2013 komplett überarbeitet, die anderen Ausstellungsteile sollen nun Stück für Stück folgen. Auf Ebene 1.1 gibt es viel zu entdecken: Entlang eines bis in viele Details des großen Vorbilds im Reichstagsgebäude nachgebauten Plenarsaals zieht sich zum Beispiel eine Reihe von Bildschirmen – eine interaktive Zeitachse. „Hier dürfen die Besucher anfassen, hier müssen sie anfassen“, sagt Andreas Baasner, der für die Ausstellung zuständige Referent. Praktisch wie bei einem Tablet-Computer können die Bildschirme bedient werden. Dort zu finden sind kurze Info-Texte, Bilder und Videos – teilweise original Wochenschau-Aufnahmen – zu den Meilensteinen der 18. Wahlperioden.
In drei sogenannten Konchen – großzügige, halbrunde Nischen – können sich die Besucher multimedial über einzelne Aspekte des Bundestages informieren, zum Beispiel über den Alltag der Abgeordneten. Auf einem ebenfalls interaktiven Bildschirm lässt sich ein typischer Tagesablauf eines Parlamentariers abrufen, der mit eigens produzierten Info-Filmchen erfahrbar wird. In den anderen Konchen werden der Bundestag als Institution samt Wahlrecht sowie der Gesetzgebungsprozess thematisiert. Komplexe Materie, das weiß auch Baasner: „Das parlamentarische System ist kompliziert.“ Ziel der Ausstellung sei es, die Gäste anzuregen, sich damit auseinanderzusetzen. „Besucher sollen im Nachhinein das Gefühl haben: Es lohnt sich, sich damit zu beschäftigen“, sagt der Ausstellungs-Referent. Allein gelassen werden die Gäste dabei nicht. Wer spontan in den Dom kommt, kann zum Beispiel an Führungen teilnehmen, Historiker stehen dafür bereit. „Wir vermitteln hier mit Begeisterung und Leidenschaft Parlamentsgeschichte und das parlamentarische System“, sagt Baasner.
Und das auch auf spielerischem Weg: In dem Plenarsaalnachbau können Besucher auch selbst in die Haut von Abgeordneten schlüpfen. In dem 45-minütigen Rollenspiel „Plenarsitzung“, das donnerstags in Sitzungswochen angeboten wird, wird im Schnelldurchgang ein Gesetzgebungsverfahren simuliert – samt Debatten, Abstimmungen und parlamentarischen Benimmregeln. Für Schülergruppen gibt es die Möglichkeit, längere Projekte, etwa zum Thema „Freiheit und Grundrechte in der Parlamentsgeschichte“, zu absolvieren. Ein Besuch lohnt sich.
Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr (von Mai bis September bis 19 Uhr) geöffnet. Eintritt und Führungen sind kostenlos. Informationen zu allen Angeboten im Netz auf www.bundestag.de beziehungsweise unter (030) 227-30431 und -30432.
Weiterführende Links zu den Themen dieser Seite finden Sie in unserem E-Paper.