Erfolgsgeschichte Fremdenverkehr: Gemessen an der Zahl der Übernachtungen hat Deutschland bereits 2008 Spanien vom ersten Platz in Europa verdrängt und 2011 „inklusive Camping“ die Mittelmeerländer insgesamt überholt. Es ist ein stolzer Befund, den Claudia Gilles, Geschäftsführerin des Deutschen Tourismusverbandes, in der vergangenen Woche dem Ausschuss für Tourismus vortrug. Allerdings verbunden mit einem großen Aber: „Bis heute“, so Gilles, „muss jede Kommune, jeder Regionalverband kämpfen um seine Mittel. Wir müssen davon wegkommen, dass alle Organisationen 50 Prozent der Zeit mit der Frage verbringen: Wo bekommen wir für das nächste Haushaltsjahr Geld?“ Dringend gefragt sei eine „dauerhafte und rechtssichere Finanzierung“.
Davon kann nach Auffassung der Branche derzeit keine Rede sein. Tourismusförderung zählt zu den „freiwilligen“ Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung, In Zeiten klammer Haushalte setzen Kämmerer hier zuerst den Rotstift an. Sorgen bereitet auch das neuerdings verschärfte Beihilfe- und Vergaberecht der Europäischen Union, die es den Mitgliedstaaten grundsätzlich verbietet, Unternehmen oder Wirtschaftszweige durch staatliche Mittel zu begünstigen. Ausgenommen sind „öffentliche Einrichtungen“, die mindestens 80 Prozent ihrer Leistungen für staatliche Auftraggeber erbringen und nicht mehr als 20 Prozent Fremdumsatz erzielen. Dadurch sehen öffentlich geförderte Tourismusorganisationen ihre Finanzbasis gefährdet, die bisher erfolgreich am Markt gewirtschaftet haben: „Wir müssen uns von vielen Geschäftsfeldern trennen, die wir in den letzten 20 Jahren aufgebaut haben, um professioneller zu werden“, klagte Dieter Hütte, Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH. In seinen Augen gestaltet sich durch die EU-Regeln „die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismusstandorts Deutschland etwas schwieriger“.
Als Mittel der Tourismusfinanzierung haben sich manche Kommunen auf die Einführung einer „Bettensteuer“ für Hoteliers verlegt. Vorreiter war 2005 Weimar, gefolgt zwischen 2010 und 2012 von 20 weiteren Städten. Die Vertreter der Branche lehnten dieses Instrument einhellig ab, weil es nurhotels und nicht die Gastronomie betrifft und die Einnahmen außerdem im allgeeinen Stadthaushalt verschwinden. .
Als Alternative empfahlen die Sachverständigen die Ausweitung der Kurtaxe, mit der Touristen herangezogen werden, und eine Tourismusabgabe für alle Unternehmen, die am Fremdenverkehr verdienen. Wie eine Tourismusabgabe funktionieren könnte, stellte Yvonne Coulin (Nürnberger Tourismuszentrale) dar: Seit 2009 stellt die Stadt jährlich 250.000 Euro für den Tourismusfonds zur Verfügung unter der Bedingung, dass die privaten Mitglieder der Tourismus-Zentrale eine Kofinanzierung in gleicher Höhe aufbringen.
Der Autor ist freier Journalist in Berlin.
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