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Gastkommentare - Pro
Richard Herzinger
Aber unverzüglich

Freihandel mit der Ukraine schnell umsetzen?

Die Ratifizierung der EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine, Georgien und Moldawien durch den Bundestag ist an sich positiv. Wird doch so bekräftigt, dass den einstigen Sowjetrepubliken der Weg ins demokratische Europa offen steht – ungeachtet der Versuche Moskaus, sie mit Gewalt und Erpressung in seiner „Einflusssphäre“ zu halten.

Doch hat das Abkommen mit der Ukraine einen gravierenden Schönheitsfehler. Den darin vereinbarten Freihandel erst Ende 2015 wirksam werden zu lassen, nährt den Verdacht, die EU könnte ihn um der Beschwichtigung von Putins Russlands willen doch noch bis zur Unkenntlichkeit durchlöchern. Zwar beteuern die EU-Verantwortlichen, die Aussetzung sei auf Wunsch der ukrainischen Führung erfolgt. Gewinne Ukraines Wirtschaft so doch Zeit, sich auf die neue Wettbewerbssituation im europäischen Markt vorzubereiten. Doch hat der Kreml mehr als 2.000 Äderungen des Abkommens formuliert, die er verlangt, um sich gegenüber der ukrainischen EU-Assoziation gnädig zu zeigen.

Bisher weisen die Europäer dieses Ansinnen zurück. Doch wenn Putin nach der Annexion der Krim und der militärischen Besetzung von Teilen den Ostukraine zu neuen Schlägen gegen die Integrität des ukrainischen Staats ausholt und ihn ins Taumeln bringen sollte, könnte die Entschlossenheit der EU bröckeln. Putin weiß das sehr genau. Nur ein unverzügliches Inkraftsetzen der Freihandelsvereinbarung würde ihm klar machen, dass Europas Bekenntnis zu einer freien, marktwirtschaftlichen Ukraine irreversibel ist. Zumal dadurch ähnliche Abkommen der Ukraine mit Russland keineswegs ausgeschlossen sind. Dazu bräuchte es freilich ein anderes, ein Russland guten Willens.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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