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NSU : »Corelli« starb an Diabetes

09.11.2015
2023-08-30T12:28:11.7200Z
2 Min

Der plötzliche Tod des ehemaligen V-Manns ,,Corelli" gab im Frühjahr 2014 zu vielen Spekulationen Anlass. Auch das Parlamentarische Kontrollgremium für die Nachrichtedienste (PKGr) wurde dadurch zu den ,,wildesten Theorien verleitet", wie der SPD-Abgeordnete Uli Grötsch jetzt vor Journalisten sagte. Denn ,,Corelli", der mit bürgerlichem Namen Thomas R. hieß, hatte einer Quelle des Verfassungsschutzes bereits im Jahre 2006 eine CD übergeben, auf der unter Tausenden von Datensätzen auch der Name ,,Nationalsozialistischer Untergrund" auftauchte und die erst im Februar 2014 durch Zufall wieder entdeckt worden war. Kurz bevor das Bundesamt für Verfassungsschutz ,,Corelli" zu dieser CD befragen wollte, wurde er im April 2014 in seiner Paderborner Wohnung tot aufgefunden.

Um den zunächst als sehr mysteriös erscheinenden Fall aufzuklären, beauftragte das PKGr im Oktober 2014 den Rechtsanwalt und ehemaligen Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen, Jerzy Montag, als Sachverständigen mit einem umfassenden Gutachten. Nach Angaben von André Hahn (Linke), dem Vorsitzenden des PKGr, hat das Gremium damit erstmals ,,exemplarisch von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht".

Laut der Unterrichtung (18/6545), die auf Montags Untersuchungen basiert und die das PKGr jetzt dem Bundestag vorgelegt hat, ist Thomas R. im April 2014 mit ,,an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" an einer Diabetes-Erkrankung und damit eines natürlichen Todes gestorben. Auch gebe es keine Belege dafür, dass er vom ,,NSU-Trio" und dessen Straftaten wusste. Die Frage, ob die drei mutmaßlichen Terroristen in irgendeiner Weise an der Herstellung der CD beteiligt waren, lässt Montag gleichwohl offen. Der vertrauliche Bericht, den Montag bereits im Mai 2015 dem PKGr vorgestellt hat, enthält mehr als 300 Seiten und wurde für die öffentliche Unterrichtung aus Geheim- und Datenschutzgründen stark gekürzt. Wie Montag vergangene Woche in einer Pressekonferenz zur Vorstellung der Unterrichtung sagte, ist das Leben und Wirken eines V-Manns in Deutschland noch nie zuvor so umfassend untersucht worden. Nach den Worten von Clemens Binninger (CDU) wäre das PKGr nicht in der Lage gewesen, eine solche Untersuchung selbst vorzunehmen. Hans-Christian Ströbele (Grüne) kritisierte die Streichungen, die vom Kanzleramt und den Nachrichtendiensten für die Unterrichtung veranlasst worden seien. Die Öffentlichkeit habe einen Anspruch darauf, umfassend informiert zu werden. Joachim Riecker