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BILDUNG : Keine Mindestlaufzeiten

Wissenschafts-Zeitvertragsgesetz verabschiedet

21.12.2015
2023-08-30T12:28:15.7200Z
2 Min

Kettenverträge, geteilte Stellen, extrem kurze Befristungen: Über diese Praktiken klagen Wissenschaftler an deutschen Universitäten und Hochschulen schon lange. Wer wissen will, wie groß der Frust bei vielen ist, der kann es im Adventskalender der Mittelbauinitiative Leipzig nachlesen: Dort haben Beschäftigte aus dem Wissenschaftsbereich zu Protokoll gegeben, dass man ihnen etwa 25-Prozent-Stellen für sechs Monate angeboten hat, sie die Empfehlung bekommen hätten, die Promotion im Hartz-IV-Bezug fertigzustellen oder die Karriere mit Bekanntwerden einer Schwangerschaft gleich beendet war.

All das soll sich ändern: Darin war man sich im Bundestag einig. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD wurde am vergangenen Donnerstag die Novelle des Wissenschafts-Zeitvertragsgesetzes (18/6489) verabschiedet. Union und Sozialdemokraten feierten dies als großen Wurf, die Kritik der Opposition dagegen fiel harsch aus.

Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) sagte, sie sei froh über drei zentrale Regelungen: So soll sich die Befristungsdauer von wissenschaftlichen Mitarbeitern künftig am Zeitraum der Qualifizierung oder der Dauer des Drittmittelprojekts, in dem sie arbeiten, orientieren. Beschäftigte, die Daueraufgaben erfüllen, sind vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Und es gibt auch künftig keine Mindestlaufzeiten für Verträge. All das, so Wanka, werde den Anforderungen an Flexibilität und Mobilität an den Forschungseinrichtungen und Hochschulen gerecht und verbessere gleichzeitig die Situation der Wissenschaftler.

Auch Unions-Bildungsexpertin Alexandra Dinges-Dierig lobte die Novelle. Damit sei die Koalition nicht zu kurz gesprungen, wie die Opposition behaupte, sondern "knapp unter dem Weltrekord gelandet". Man befinde sich im Wissenschaftsbereich in einem Spannungsfeld zwischen verlässlichen Perspektiven für Wissenschaftler und nötiger Flexibilität: Ohne diese Flexibilität läge Deutschland bei Innovation und Spitzenforschung nicht so weit vorn.

Simone Raatz (SPD) bezeichnete die Novelle als "gelungene Demokratie". Die Koalition habe die Sorgen der Beschäftigten in einem intensiven Austausch ernst genommen. Nun werde sich die Situation der 200.000 Beschäftigten im Wissenschaftsbereich verbessern. Die Novelle sei aber "nur ein Baustein" in einem Gesamtkonzept. Nötig sei zudem ein für 2017 geplanter Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs, für den der Bund Mittel zur Verfügung stellen werde. Außerdem müssten mehr qualifizierte Frauen in der Wissenschaft gehalten werden - ihren geringen Anteil an den Professuren und in Hochschulleitungen könne sich Deutschland nicht mehr leisten.

Enttäuscht zeigte sich die Opposition. Man habe die Chance auf einen dringend nötigen Neustart in der Wissenschaft vertan, sagte Nicole Gohlke (Linke). Noch immer seien Kettenbefristungen und extrem kurze Vertragslaufzeiten möglich, noch immer würden Eltern benachteiligt. Dadurch werde die Lebensplanung "massiv erschwert". Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Koalition vor, sie habe die eigene Messlatte gerissen. Planbare und verlässliche Karrieren würden mit der "halbherzigen Novelle" nicht geschaffen.

Die zehn Änderungsanträge der Opposition fanden allerdings keine Mehrheit, die Abgeordneten folgten mit ihren Voten der Beschlussempfehlung (18/7038) des Bildungsausschusses.