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EURO-AUSSTIEG : (K)ein Zurück zur Drachme

Die bitteren Folgen eines »Grexits«

09.02.2015
2023-11-08T12:40:19.3600Z
2 Min

Einen „Grexit“ wird es nicht geben. So jedenfalls lauten die offiziellen Stellungnahmen aus Berlin, Brüssel und Athen. Doch wer kann schon voraussagen, was sich in zwei, drei Wochen in Griechenland ereignen wird? Zum Beispiel dies: Die Griechen werden angesichts der hektischen Finanzdiplomatie immer nervöser und machen das, was sie bereits mehrfach getan haben – sie rennen zum nächsten Bankautomaten und heben so viele Euros wie möglich ab. Ein „bank run“ setzt ein. Die ersten Bankautomaten laufen leer und der Geldnachschub gerät ins Stocken. Griechische Banken, die von der Europäischen Zentralbank kein Geld mehr bekommen, weil sich die neue Regierung weigert, mit den Geldgebern und deren Kontrolleuren (der „Troika“) zusammenzuarbeiten, können nicht nachschießen.

Der „Grexit“ – von niemandem gewollt – wäre da, und zwar als „dirty exit“. Griechenland müsste aus der Euro-Zone – nicht aber aus der Europäischen Union – austreten. Die griechische Nationalbank müsste eigene Staatsanleihen aufkaufen und der Regierung tonnenweise Drachmen zur Verfügung stellen, mit denen Beamte und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst bezahlt oder Renten und die Arbeitslosenunterstützung finanziert würden.

Kapitalflucht  Technisch ginge das ähnlich vor sich wie bei der Einführung der

D-Mark am Ende der DDR. Sämtliche Euro-Guthaben von Bürgern und Unternehmen würden 1:1 auf Drachme umgestellt. Eine riesige Kapitalflucht wäre die Folge, die nur durch Kapitalverkehrskontrollen unterbunden werden könnte. Griechische Inlandsschulden würden ebenfalls in Drachmen umgestellt, außerdem alle Preise. Soweit kein Problem. Aber ausländische Zahlungsverpflichtungen blieben in der jeweiligen Währung wie Euro oder Dollar bestehen – unbezahlbar für Griechenland. Auch würden sich alle Importe radikal verteuern.

Zunächst wären die Folgen für griechische Unternehmer positiv: Sie wären die Gewinner, könnten billig exportieren, Tomaten, Wein, Feta, aber auch Textilien, Chemie- und Pharmaprodukte konkurrenzlos günstig in Europa anbieten. Mit der Drachme-Abwertung wäre Athens Wirtschaft mit einem Schlag wieder wettbewerbsfähig. Neue Arbeitsplätze entstünden und Urlaub in Griechenland würde zum Schnäppchen zu haben sein. Auch Grundstücke und Ferienhäuser wären zum Sonderpreis verfügbar. Andererseits aber müssten die griechischen Arbeitnehmer radikale Einkommenseinbußen hinnehmen. Importe würden immer teurer werden. Abgeschnitten vom internationalen Geldmarkt würde die Drachme immer weiter an Wert verlieren. Inflation wäre die Folge.

Aus für Schwarze Null  Und was würde ein „Grexit“ für Europa bedeuten? Insgesamt 380 Milliarden Euro hat Griechenland an Hilfen, Subventionen und Krediten erhalten; davon ungefähr ein Viertel aus Deutschland. Dieses Geld wäre mit einem Schlag weg. Wolfgang Schäubles Schwarze Null wäre plötzlich tiefrot. Ein Land wie Deutschland kann das vielleicht noch finanziell tragen. Nicht aber Gläubiger wie Italien und Frankreich, die ebenfalls milliardenschwere Staatsanleihen aus dem verschuldeten Griechenland halten. Der „Grexit“ wäre deshalb ein „Gau“ der europäischen Rettungspolitik. Einfacher würde es durch ihn wohl für niemanden.

Der Autor ist Wirtschaftsjournalist in Bonn.