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Aschot Manutscharjan
Kurz rezensiert

"Flüchtlingswelle", "Leistungsträger", "soziale Hängematte": Mit Sprache wird Politik gemacht, das Denken und Handeln ganzer Nationen beeinflusst. Begriffe seien immer in ein bestimmtes Deutungsgeflecht eingebettet, erklärt die aus Hamburg stammende Soziolinguistin und Politikberaterin Elisabeth Wehling. Seit 2013 forscht sie am International Computer Science Institute in Berkeley, unter anderem zu Sprache und unbewusster Meinungsbildung.

Wenn es gilt, Worte oder Ideen zu begreifen, aktiviert das Gehirn einen Deutungsrahmen, so genannte Frames. Inhalt und Struktur eines Frames speisen sich aus unseren individuellen Lebenserfahrungen sowie Raum, Zeit und Emotionen.

In den politischen Debatten sind nicht die Fakten entscheidend, sondern die gedanklichen Verbindungen, die bestimmte Begriffe im Gehirn auslösen. Vergleichen wir die Informationen mit unseren eigenen Erfahrungen, erhalten die Worte plötzlich eine neue Bedeutung. Problematisch ist dabei, dass diese Frames immer ideologisch selektiv sind, das heißt sie heben bestimmte Fakten hervor, während andere unberücksichtigt bleiben. Immer wenn es Politikern, Medien oder der Werbung gelingt, bestimmte Frames in unseren Köpfen zu aktivieren, "leiten sie unser Denken und Handeln an und zwar ohne dass wir es merken." Werden wir anschließend mit einer Botschaft konfrontiert, die nicht in das festgelegte Deutungsmuster passt, weigert sich unser Gehirn, die abweichende Information als Teil der Realität anzuerkennen.

Die Autorin appelliert an die Leser, die Naivität gegenüber der in der Politik verwendeten Sprache abzulegen. Warum dies unerlässlich ist, erklärt sie anhand der gängigsten Frames, die in den politischen Debatten hierzulande Verwendung finden: Klimawandel, Klimaschutz oder erneuerbaren Energien, Islamophobie, Islamischer Staat, Steuergelder und viele mehr.

Das herausragende Buch von Elisabeth Wehling liest sich leicht, es ist wissenschaftlich gut belegt und für jeden politisch interessierten Bürger ein Muss.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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