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Bau und UMWELT : Union will nicht nur in die Metropolen schauen

Etat von Bundesministerin Barbara Hendricks (SPD) wächst um 24 Prozent. Opposition kritisiert Wohnungs- und Klimapolitik

28.11.2016
2023-08-30T12:30:10.7200Z
4 Min

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) kann 2017 mit deutlich mehr Mitteln rechnen. Der Etat erhöht sich im Vergleich zu diesem Jahr um 24 Prozent auf 5,62 Milliarden Euro. 2016 verfügte das Ressort von Bundesministerin Barbara Hendricks (SPD) über rund 4,54 Milliarden Euro. Bei der Schlussdebatte über den Einzelplan 16 (18/9200, 18/9815, 18/9824, 18/9825, 18/9826) standen vor allem die Themen Wohnungsbau und Klimaschutz im Vordergrund. Während Hendricks "alle Bereiche" ihres Hauses durch den Haushalt gestärkt sah, kritisierte die Opposition die Ansätze im Etat und die Politik von Koalition und Bundesregierung als unzureichend.

Mit Abstand größter Ausgabeposten im Etat ist der Bereich Städtebau und Wohnungswesen. Hierfür sind rund 3,6 Milliarden Euro veranschlagt. Der Zuschuss für die Länder für den Sozialen Wohnungsbau fällt mit 1,5 Milliarden Euro 500 Millionen Euro höher aus als im Vorjahr. Für die Städtebauförderung sind Programmmittel in Höhe von 790 Millionen Euro als Verpflichtungsrahmen vorgesehen. Für die Sanierung kommunaler Sport-, Jugend- und Kultureinrichtungen sind 150 Millionen veranschlagt. Im ersten Haushaltsentwurf waren dafür noch 50 Millionen Euro vorgesehen.

Streitthema Wohnungsbau Hendricks verwies darauf, dass erneut die Mittel für den Sozialen Wohnungsbau erhöht wurden. Dieser sei in den vergangenen Jahren aus einem "Dornröschenschlaf" geweckt worden. "Städtebau und Stadtteilentwicklung stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt", erklärte die Ministerin.

Heidrun Bluhm (Die Linke) zog hingegen ein ,ernüchterndes Fazit". Das Motto des Koalitionsvertrages - "Deutschlands Zukunft gestalten" - werde verfehlt. Er reiche nicht mal, um die Gegenwart zu verwalten. Nichts von dem, was die Bundesregierung im Wohnungsbereich angegangen sei, funktioniere. Ein Beispiel sei die Mietpreisbremse, kritisierte Bluhm. Die Bundesregierung investiere viel zu wenig in den Sozialen Wohnungsbau, sagte die Abgeordnete. Im Verhältnis zwischen Staat und Markt müsse etwas geändert werden.

Auch Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/ Die Grünen) kritisierte die Wohnungspolitik von Bundesregierung und Koalition. Er forderte "bezahlbare Mieten statt maximale Renditen in unseren Innenstädten". Baupolitik müsse auch ökologisch sein, sagte der Grünen-Abgeordnete. Sowohl Linke als auch Grüne erneuerten während der Debatte ihre Forderung nach der Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit.

Steffen-Claudio Lemme (SPD) wertete den Etat erwartungsgemäß positiver. "Mit dem Haushalt werden die richtigen Impulse gesetzt", betonte der Sozialdemokrat. Er wies darauf hin, dass Deutschland in den kommenden Jahren mit tiefgreifenden Veränderungen rechnen müsse. Der Haushalt sei eine Antwort auf den Zuzug und die demografischen Veränderungen. Auch der Sozialdemokrat mahnte, dass mehr preisgünstiger Wohnraum geschaffen werden müsse. Zwar ziehe der Bausektor inzwischen an, es reiche aber noch nicht. Es drohe ein "Verteilungskampf, der den Populisten in die Hände spielt", warnte Lemme.

Volkmar Vogel (CDU) sprach sich für eine verstärkte Förderung des Wohneigentums aus. Dies sei die "sozialste Antwort" auf die Herausforderungen am Wohnungsmarkt. Der Christdemokrat mahnte, "dass wir nicht nur auf die Metropolen schauen, sondern auch auf die kleinen und mittelgroßen Städte". Auch der ländliche Raum dürfe nicht vergessen werden, sagte Vogel. Sein Fraktionskollege Georg Nüßlein (CSU) warnte ebenfalls davor, sich auf eine bestimmte "Gebietskulisse" zu beschränken. Die Förderung von Wohneigentum sei auch in ländlichen Räumen und in Mittelstädten wichtig, sagte der Christsoziale. Nüßlein verwies dabei auf die Unions-Idee eines Baukindergeldes.

Plan in der Kritik Für den Klimaschutz sind im Haushalt Ausgaben von 478 Millionen Euro vorgesehen. 386 Millionen Euro sollen in Investitionen zum Schutz des Klimas und der Biodiversität im Ausland fließen, 65 Millionen Euro sind für die Nationale Klimaschutzinitiative vorgesehen. Während der Debatte stand aber vor allem der Klimaschutzplan 2050 (18/10370) der Bundesregierung im Fokus der Oppositionskritik. Diesen hatte das Bundeskabinett nach langen Querelen Mitte November beschlossen. Inhaltlich geht es im Klimaschutzplan unter anderem um den Umbau der Energiewirtschaft und eine Abwendung von fossilen Energien hin zu erneuerbaren Energien. Ziel ist es unter anderem, den Verkehrssektor treibhausgasneutral aufzustellen und die Emissionen im Landwirtschaftssektor zu halbieren.

Grünen-Haushälter Kindler kritisierte die deutsche Umwelt- und Klimapolitik grundsätzlich - und ging auch die Ministerin scharf an. Sie sei bloß eine "Ankündigungsministerin". So gebe es keine Angleichung von Diesel- und Benzinbesteuerung und keinen Fahrplan für den Kohleausstieg - immer hätten sich andere Minister im Kabinett durchgesetzt, sagte der Grünen-Politiker. "Das ist eine Katastrophe für das Klima und den Umweltschutz in Deutschland", sagte Kindler. Auch beim Klimaschutzplan habe sich Hendricks trotz eines "sehr engagierten Entwurfs" nicht durchgesetzt. Unter anderem monierte Kindler, dass die Halbierung des Fleischkonsums bis 2050 gestrichen worden sei.

Unions-Abgeordneter Nüßlein bezeichnete dieses Vorhaben hingegen als "ausgeprägt Schnapsidee" zum Gängeln der Bürger. Vielmehr müssten Anspruch und Augenmaß bei der Klimapolitik in einem sinnvollen Verhältnis stehen, sagte Nüßlein. Ein "Renationalisierungsansatz" beim Klimaschutz sei falsch, vielmehr führe nur ein "gemeinsames europäisches Vorgehen zum Ziel", erklärte der Christsoziale.

Ministerin Hendricks wies die Kritik an der deutschen Klimapolitik ebenfalls zurück. Im Gegenteil: Auf der Klimakonferenz in Marrakesch habe es viel Lob für das deutsche Engagement gegeben, betonte sie. Deutschland nehme eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung des Klimaabkommens von Paris ein. Hendricks stellte sich auch vor den Klimaschutzplan. Gerade beim Kohleausstieg gehe es darum, einen Strukturwandel mit Augenmaß voranzutreiben, erklärte Hendricks. Der Parteitagsbeschluss der Grünen, aus der Kohle bis 2025 auszusteigen, sei hingegen "gequirlter Unsinn", sagte die Ministerin.

Soviel Eigenlob konnte Linken-Abgeordnete Caren Lay allerdings nicht stehen lassen. Sie wies darauf hin, dass Deutschland in Marrakesch den "Fossil of the Day", einen Negativpreis für schlechte Klimaarbeit des NGO-Verbunds "Climate Action Networks", verliehen bekommen habe. Der Klimaschutzplan sei ein Trauerspiel. Lay sprach sich außerdem für eine sozial gerechtere Klimapolitik aus. So forderte sie eine Abschaffung der Modernisierungsumlage, um den Schutz der Mieter vor einer Vertreibung durch energetische Sanierung zu gewährleisten.