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MENSCHENRECHTE : Blick in den Spiegel

Der erste Bericht zur Lage in Deutschland steht vor allem im Zeichen der Themen Flucht und Migration. Im Plenum sorgte das für Reibungen

19.12.2016
2023-08-30T12:30:12.7200Z
3 Min

Es ist der erste Bericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte, der sich explizit mit der Menschenrechtslage in Deutschland beschäftigt. Im Plenum sorgte er und der parallel vorgelegte Jahresbericht des Instituts vergangenen Freitag für einen Schlagabtausch: Bernd Fabritius (CSU) zeigte sich "verwundert", dass das Institut in für eine "menschenrechtskonforme Asyl- und Migrationspolitik" werbe. "Asylpolitik, deren Kern die Umsetzung eines wichtigen Menschenrechts ist, ist tatsächlich ein sehr wichtiges Aufgabenfeld für dieses Institut. Für Migrationspolitik hingegen gilt das nicht." Es gebe kein Menschenrecht auf Migration. Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen) warf Fabritius daraufhin vor, das Menschenrechtsinstitut "in einer Art Abrechnung" vorzuführen und diskreditieren zu wollen.

Licht und Schatten Frank Schwabe (SPD) hob hervor, dass der Bericht zur Situation Deutschland zwar "viel Gutes" zur Aufnahme von Flüchtlingen herausstreiche - auf der anderen Seite aber mehr als tausend Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im Berichtszeitraum registriere. Schwabe bezeichnete es außerdem als "nicht barmherzig", wenn Deutschland über die Regelungen zum subsidiären Schutz von Flüchtlingen Familienzusammenführungen verhindere. Dies sei zudem nicht im Sinne der Integration.

Inge Höger (Die Linke) kritisierte die Entscheidung, afghanische Flüchtlinge aus Deutschland "zurück in den Krieg" zu schicken. "Mit dieser organisierten Unbarmherzigkeit beugt sich die Bundesregierung dem rechten Mob." Menschenrechte seien keine Almosen und kein Gnadenakt. Die Genfer Konvention enthalte klare Schutzvorschriften, aber diese Rechte würden auch hierzulande zunehmend missachtet, sagte Höger und lenkte den Blick auf minderjährige Flüchtlinge: "Stoppen sie die Abschiebung aus Schulen und Jugendhilfeeinrichtung!"

Frank Heinrich (CDU) erinnerte daran, dass weltweit 45 Millionen Menschen in Sklaverei oder sklavenähnlichen Verhältnissen leben würden, darunter Kinder, die auf Baumwollfeldern und in Minen schuften, teils "für Produkte, die wir hierzulande kaufen und noch billiger haben wollen". Eine Vielzahl globaler Indizes hätten sich zwar nach dem Ende des Kalten Kriegs "gravierend verbessert": Die Statistiken zu Armut, Gesundheit, zum Bildungszugang für Mädchen hätten sich verbessert, die Zahl der Getöteten in Konflikten sei gefallen. Menschenrechte scheinen heute jedoch "auf dem Rückzug" zu sein, sagte Heinrich. So würden Menschenrechtsverteidiger unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung in immer mehr Ländern zurückgedrängt.

Staatenpflicht Tom Koenigs (Grüne) betonte, dass die Achtung, der Schutz und die Förderung der Menschenrechte Staatenpflicht sei. Das gelte auch in Europa und in Deutschland, wo zunehmend "Feinde der Menschenrechte" mit ethnischen und religiösen Diskriminierungen wieder aus "Löchern" kommen würden, sagte Koenigs und verwies auf AfD-Politiker wie Alexander Gauland und Beatrix von Storch. "Das sind erklärte Angriffe auf den Kern der Menschenrechte und auf die Menschenwürde", sagte Koenigs. Angegriffen würden der "liberale, demokratische und tolerante Rechtsstaat" und seine Bürger. "Jede Diskriminierung trägt den Keim gewaltsamer Auseinandersetzungen in sich. Jede Hassrede drängt zur Gewalt. Der Nationalismus drängt in Europa zum Krieg, das wissen wir doch aus der Geschichte", warnte Koenigs.

Keine Mehrheit fand die Linksfraktion für ihren Entschließungsantrag (18/10678), in dem sie unter anderem die Bundesregierung aufgefordert hatte, das Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt zu unterzeichnen und dem Bundestag einen Gesetzentwurf zur Ratifizierung vorzulegen. Der Bericht zur Menschenrechtslage in Deutschland wie auch der Jahresbericht des Instituts (18/10615, 18/10616) wurde die Ausschüsse überwiesen. Angenommen wurde zudem der zum EU-Jahresbericht 2015 über Menschenrechte und Demokratie in der Welt (18/10669).