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NSU-Ausschuss : Katzen, Streit und schmutzige Wäsche

Ermittler orteten 2011 Zschäpes Handy in einem Zwickauer Neubaugebiet, konnten sie aber nicht finden

29.02.2016
2023-08-30T12:29:56.7200Z
3 Min

Für Verwirrung sorgte in der jüngsten Sitzung des neuen NSU-Untersuchungsausschusses die Aussage eines Zeugen, der in dem Zwickauer Wohnhaus des rechtsradikalen Terrortrios Aufgaben eines Hausmeisters übernommen hatte. Lutz Winkler gab an, nie die Mobiltelefonnummer von Beate Zschäpe gehabt zu haben, obwohl er laut Ermittlungsakten derjenige gewesen sein soll, der diese Nummer am Nachmittag des 4. November 2011 der Polizei gegeben hat. Verschiedene Polizisten versuchten damals mehr als ein Dutzend Mal ohne Erfolg, Zschäpe auf ihrem Handy zu erreichen. Sie wurde an diesem Nachmittag noch als Zeugin zu der Explosion und dem Wohnungsbrand in der Frühlingsstraße 26 gesucht, die nach heutigem Erkenntnisstand von ihr selbst ausgelöst worden waren. Wenige Stunden zuvor hatten sich ihre beiden Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in Eisenach das Leben genommen und waren damit einer Festnahme zuvorgekommen.

Polizeioberrat Alexander Beitz, der wenige Tage vor der Explosion in der Frühlingsstraße Leiter des zuständigen Polizeireviers geworden war, berichtete, dass das Handy von Zschäpe am Nachmittag des 4. November in einem Zwickauer Neubauviertel geortet wurde. In dem Gebiet mit einer Spannweite von rund 500 Meter um den Ortungspunkt hätten sich aber Hunderte von Wohnungen befunden, so dass die Chance gering gewesen wäre, Zschäpe ausfindig zu machen. Nach der Explosion hatten Zeugen der Polizei berichtet, dass eine Frau das Haus kurz zuvor verlassen und einen Korb mit zwei Katzen bei einer Nachbarin abgegeben habe.

Benzin an den Socken Zschäpe wohnte damals zusammen mit ihren Komplizen unter dem Namen Susann Dienelt in dem Haus. Beitz versicherte den Abgeordneten, dass der Tatort kurz nach der Explosion umfassend gesichert worden sei. Keine Anzeichen sahen die befragten Ermittler dafür, dass es sich bei der Frau, die das Haus verließ, nicht um Zschäpe gehandelt haben könnte. Polizeirat Swen Philipp, der damals als Verbindungsmann zwischen der Zwickauer Polizei und dem Bundeskriminalamt (BKA) fungierte und mittlerweile eine Polizeischule in Sachsen leitet, verwies unter anderem darauf, dass bei der einzigen Überlebenden des NSU-Trios Benzinspuren an den Socken gefunden wurden, nachdem sie sich am 8. November 2011 nach einer tagelangen Irrfahrt durch Deutschland in Jena der Polizei gestellt hatte. Neben dem "klaren Motiv" seien diese Spuren ein weiteres starkes Indiz dafür, dass Zschäpe die Explosion in ihrer Wohnung selbst herbeigeführt habe.

Der dritte damalige Ermittler, Kriminaldirektor a. D. Bernd Hoffmann, schilderte den Abgeordneten, wie durch die Funde in dem Brandschutt die Dimension der Verbrechen nach und nach deutlich geworden sei. So wurden dort neben Bekenner-DVDs des "Nationalsozialistischen Untergrunds" und zehn weiteren Schusswaffen auch die Pistole vom Modell Ceska gefunden, mit der zwischen 2000 und 2006 insgesamt neun Männer mit Migrationshintergrund erschossen worden waren.

Heftiger Streit In der Ausschusssitzung, die vergangene Woche bis spät in den Abend dauerte, gingen der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU) und einige Abgeordnete auch der Vermutung nach, dass das Ende der Terrorgruppe im Herbst 2011 schon länger geplant gewesen sein könnte. Binninger verwies auf Aussagen bei der Polizei, dass es in den Tagen vor dem 4. November 2011 einen heftigen Streit und auch eine "tränenreiche Abschiedsszene" zwischen Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos gegeben habe. Auch soll sich Zschäpe in einem Tierheim wegen eines längeren Aufenthalts ihrer Katzen erkundigt haben. Zudem habe das Trio in der Woche vor dem 4. November auf die sonst regelmäßige wöchentliche Wäschereinigung verzichtet und auch den Briefkasten am 2. November nicht geleert.

Polizeirat Philipp, konnte aber keine weitergehenden Hinweise in diese Richtung geben. Der damalige Hausmeister, der seine Wohnung in der Frühlingsstraße durch den Brand und die Explosion vom 4. November 2011 verloren hat, konnte sich vor dem Ausschuss an keine Besonderheiten bei Zschäpe und ihren beiden Komplizen erinnern.

In einem Kellerraum, wo die Mieter des Hauses gelegentlich zusammensaßen, habe er auch kein Hitler-Bild auf dem Fernseher bemerkt, von dem andere Zeugen berichtet haben. Zschäpe sei als Mieterin freundlich und unauffällig gewesen, sagte er aus. Ihre beiden Mitbewohner Bönhardt und Mundlos habe er nur sehr selten zu Gesicht bekommen.