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Vor 40 Jahren... : Umstrittene Überprüfung

29.02.2016
2023-08-30T12:29:56.7200Z
1 Min

29.2.1976: Radikalenerlass im Bundesrat "Die Rechtsunsicherheit bei der Jagd auf Radikale ist noch größer geworden", kommentierte "Der Spiegel" 1976. Am 29. Februar verhinderte die Unionsmehrheit im Bundesrat eine Änderung des sogenannten Radikalenerlasses. Infolgedessen kochte jedes Bundesland sein eigenes Süppchen, wenn es um die Überprüfung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst ging.

Im Januar 1972 hatten sich die Ministerpräsidenten und Kanzler Willy Brandt (SPD) auf den umstrittenen Erlass geeinigt. Mit ihm sollte Mitgliedern von links- und rechtsradikalen Parteien der Zugang zum Staatsdienst verwehrt werden. Hintergrund war aber vor allem die Befürchtung, die Bundesrepublik werde von links unterwandert.

Kritisch war nicht die eingeforderte Verfassungstreue, sondern die eingeführte Regelanfrage: die automatische Nachfrage beim Verfassungsschutz, ob gegen einen Bewerber entsprechende Vorbehalte vorlägen. In 11.000 Fällen kam es zu Nichteinstellungen, dazu gab es über 130 Entlassungen. Begriffe wie "Berufsverbot" und "Generalverdacht" kamen auf; Kritiker fühlten sich an Stasi-Praktiken erinnert.

Nach ihrer Niederlage im Bundesrat 1976 beschlossen die sozialliberal regierten Länder dennoch eine Lockerung, während die unionsgeführten Länder daran festhielten, dass allein die Mitgliedschaft in einer als verfassungsfeindlich eingestuften Organisation genügt, um Bewerber abzuweisen. Der Radikalenerlass blieb noch lange umstritten. Als letztes Bundesland schaffte ihn Bayern 1991 ab. Benjamin Stahl