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Pestizide : Grüne warnen vor vergifteten Böden

Kritik der Union an »Horrorszenarien, um die Verbraucher zu verunsichern«

26.06.2017
2023-08-30T12:32:23.7200Z
3 Min

Gegensätzlicher könnten die Einschätzungen kaum sein. Während Harald Ebner (Grüne) den "flächendeckenden Pestizideinsatz" in der Landwirtschaft geißelt, in dessen Folge Gifte in die Böden, die Luft und "in unser Essen" gelangten, findet Ingrid Pahlmann (CDU): "Wir haben die sichersten Lebensmittel weltweit." So geschehen während der Debatte vergangenen Donnerstag zu Anträgen der Grünen, in denen die Reduzierung des Pestizideinsatzes (18/12382), ein Verbot für bienengiftige Insektizide (18/12384) und ein Stopp der Marktkonzentration im Agrarbereich (18/12797) gefordert wird.

Kehrtwende Ebner konstatierte einen "beängstigenden Rückgang" von Vögeln sowie Bienen und anderen Insekten in den Agrar- und Kulturlandschaften. Eine der maßgeblichen Ursachen dafür sei der "flächendeckende Pestizideinsatz". Der Grünen-Abgeordnete forderte angesichts dessen "eine Kehrtwende in der Agrarpolitik". Das sei im Übrigen auch im Interesse der Agrarwirtschaft, die nicht den Ast absägen dürfe, auf dem sie selber sitzt. Wenn Böden ihre Fruchtbarkeit verlören, lasse sich auch nichts mehr darauf anbauen, sagte Ebner.

Gegen diese Fehlentwicklungen unternehme die Bundesregierung jedoch nichts, was ein Armutszeugnis darstelle. Wenn im Zusammenhang mit dem Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz des Agrarministers Christian Schmidt (CSU) die Regierung auf Nachfrage sage, Zielquoten oder erreichte Reduzierungen des Einsatzes von Pestiziden könnten derzeit noch nicht angegeben werden, sei das eine Bankrotterklärung, so Ebner.

Agrarstaatssekretär Peter Bleser (CDU) warf den Grünen vor, nach ideologischen Vorgaben zu entscheiden und die Fakten zu ignorieren. "Wir lassen Düngemittel auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zu oder eben auch nicht", sagte er. Kritik übte er auch an der Forderung der Grünen nach einer Agrarwende. Benötigt werde ein "Aufbruch in die Zukunft", um die zehn Milliarden Menschen, die die Vereinten Nationen für das Jahr 2050 prognostizierten, auch ernähren zu können, sagte Bleser. "Die werden sie nicht mit Ökoschrebergärten in den Vorgärten von Großstädten ernähren können." Die Grünen, so Blesers Einschätzung, seien eine Gängelungs- und Verbotspartei. Wer Strafsteuern auf Düngemittel fordere, helfe den Menschen nicht. Dies führe lediglich zu einer Verlagerung der Produktion.

Christdemokratin Pahlmann betonte, es sei richtig, Pflanzenschutzmittel ausreichend zu reguliert. Das sei in Deutschland aber auch der Fall. Für die Union sei jedoch klar, dass Sicherheit und Qualität in der Nahrungsmittelversorgung "ohne chemische Pflanzenschutzmittel definitiv nicht zu erreichen sind". Die Grünen versuchten die Verbraucher durch Horrorszenarien zu verunsichern, kritisierte sie.

Steigende Rückstandswerte Rita Hagl-Kehl (SPD) befand, es gebe derzeit "wirklich einen intensiven Einsatz von Pestiziden". Die Rückstandswerte in den Gewässer stiegen. Zudem gebe es immer mehr Schäden bei Bienen, deren Gesundheit nicht gefährdet werden dürfe, wolle man nicht wie in China "mit Stäbchen umherlaufen und die Blüten bepinseln". Die Sozialdemokratin Hagl-Kehl forderte: "Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln muss dringend reduziert werden." Gelingen könne dies, indem vermehrt auf ackerbauliche Alternativen gesetzt werde. Zudem sollten konventionelle Pestizide durch biologische Pflanzenschutzmittel ersetzt werden. Benötigt werde auch eine Ausweitung ökologisch bewirtschafteter Landwirtschaftsflächen.

Kirsten Tackmann (Die Linke) kritisierte die zunehmende Marktkonzentration im Agrar- und Lebensmittelbereich. Das sei eine bedenkliche Entwicklung und zugleich ein "Systemfehler". In der "sogenannten" freien Marktwirtschaft heiße das Erfolgsprinzip eben nicht "soziale und ökologische Verantwortung", sondern "Maximalprofit um fast jeden Preis". Dieser sei am leichtesten durch eine erpresserische Marktübermacht zu erreichen, sagte Tackmann. Die Konzerne seien die Profiteure. "Verlierer des Systems sind wir alle", so die Linken-Abgeordnete. Es dürfe nicht Konzernen überlassen werden, was auf den Tellern der Verbraucher landet. "Widerstand ist Pflicht", sagte sie.