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CHRISTLICHE VIELFALT

NIEDERLANDE Das Königreich gilt einerseits als eines jener Länder in Europa mit wenig ausgeprägter religiöser Bindung der Gesellschaft. Nur rund jeder zweite Einwohner gibt an, überhaupt einer Konfession anzugehören. Andererseits sind die Niederlande eines der klassischen Reformationsländer wie etwa Deutschland und die Schweiz: Die Verbreitung des Calvinismus spielte eine wichtige Rolle bei der Lossagung von der spanischen Krone im Jahre 1581. Die theologische Bewegung des Reformators Johannes Calvin wurde aber nie Staatsreligion wie etwa die lutherische Konfession bei den Staatskirchen Skandinaviens. Heute sind noch knapp 23 Prozent der Niederländerinnen und Niederländer Mitglied der Katholischen Kirche, 15 Prozent sind Protestanten.

GRIECHENLAND Rund 97 Prozent der Griechen gehören den orthodoxen Kirchen in Griechenland an - und diese Zugehörigkeit bildet einen Kern der griechischen Nation und Identität. Der Kirche von Griechenland mit dem Erzbistum Athen an der Spitze gehören etwa neun Millionen Gläubige an, aber der Heilige Berg Athos, Kreta und auch der Dodekanes sind wiederum dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel unterstellt. Das Oberhaupt, der Patriarch von Konstantinopel, aktuell ist das Bartholomeos I., darf als Primus inter pares auch als Oberhaupt von etwa 350 Millionen orthodoxen Christen weltweit gelten. Seinen Sitz hat der Patriarch in der Georgskathedrale im Istanbuler Stadtviertel Phanar.

POLEN Fast 90 Prozent der Polen sind Mitglieder der katholischen Kirche, acht von zehn Polen geben in Erhebungen an, dass sie religiös oder sehr religiös sind. Die katholische Kirche unterstützte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts den Widerstand gegen das kommunistische Regime, aber sie spielte auch im 18. und 19. Jahrhundert eine zentrale Rolle für die Identität und das Fortbestehen der polnischen Nation - auch dann, als der polnische Staat während der langen Jahre der "polnischen Teilungen", also der Aufteilung zwischen Russland, Preußen und Habsburg, nicht existierte. Das Polen der Zwischenkriegszeit war religiös deutlich heterogener etwa mit orthodoxen Christen, mit Juden und Protestanten. Das heute religiös so homogen wirkende Polen ist ein Ergebnis des 2. Weltkriegs und Ergebnis von Völkermord, Vertreibung und der Westverschiebung im Jahre 1945.

ITALIEN Mehr als 200 Diözesen, Bistümer mit weniger als 100.000 Gläubigen: Kein Land der Welt hat mehr Diözesen und Kirchenprovinzen - und nirgendwo sonst macht diese historische bedingte Vielzahl die Zusammenfassung von Gemeinden, Bistümern oder Kirchenprovinzen in Kirchenregionen, also eigene Verwaltungseinheit, notwendig als bei der Römisch-Katholischen Kirche Italiens. Mehr als ein Jahrtausend, zwischen dem 8. Jahrhundert und der Vereinigung des Königsreiches Italien mit dem Kirchenstaat, waren größere Teile des mittleren Italiens, zeitweise von Rom bis nach Bologna und Ravenna, stets weltliches Herrschaftsgebiet der Päpste im Vatikan. Heute sind vier von fünf Italienern Mitglied der katholischen Kirche, das sind rund 50 Millionen Gläubige.

ÄTHIOPIEN Die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche gehört zu jenen altorientalische genannten Ostkirchen, die sich im 5. Jahrhundert von der römischen Reichskirche trennten. Während sich in den benachbarten Ländern im Laufe der Zeit der Islam ausbreitete, konnte sich die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche als einzige vorkoloniale christliche Kirche Afrikas behaupten - sie entwickelte sich dadurch in recht isolierter Lage. Heute geben etwa 43 Prozent der rund 100 Millionen Äthiopier an, Mitglied der Tewahedo-Kirche zu sein, rund 18 Prozent der Bevölkerung sind protestantisch und weniger als ein Prozent katholisch. Rund ein Drittel der Äthiopier sind Muslime.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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