Piwik Webtracking Image

Vor 45 Jahren... : »Mit Kanonen auf Spatzen«

23.01.2017
2023-08-30T12:32:14.7200Z
1 Min

28.1.1972: Radikalenerlass beschlossen Einen "Marsch durch die Institutionen", hatte der Wortführer der Außerparlamentarischen Opposition (Apo), Rudi Dutschke, propagiert. Ein Aufweichen der "etablierten Apparate" von innen heraus. Anfang der 1970er Jahre sahen viele Politiker die demokratische Ordnung bedroht: Sie fürchteten nicht nur den Terror der "Roten Armee Fraktion", sondern auch eine politische Unterwanderung der staatlichen Institutionen. Um den öffentlichen Dienst vor Extremisten zu schützen, beschlossen die Ministerpräsidenten und Kanzler Willy Brandt (SPD) am 28. Januar 1972 den sogenannten Radikalenerlass - der schon bald heftig kritisiert wurde. Dass Staatsdiener für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten haben, sahen die Kritiker nicht als Problem. Umstritten war die Regelanfrage: die automatische Nachfrage beim Verfassungsschutz, ob gegen einen Bewerber Vorbehalte vorlägen. 1,4 Millionen Anfragen wurden durchgeführt, in 11.000 Fällen kam es zu Nichteinstellungen, dazu gab es über 130 Entlassungen. Begriffe wie "Berufsverbot" und "Generalverdacht" machten die Runde. Darüber hinaus war der Erlass so unscharf formuliert, dass die Länder ihn unterschiedlich streng anwandten.

Während Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) 1978 erklärte, man habe "mit Kanonen auf Spatzen geschossen", und der Bund sich vom Radikalenerlass verabschiedete, gingen in den Ländern die Regelanfragen noch bis in die 1980er Jahre weiter. Inzwischen ist der Radikalenerlass in ganz Deutschland abgeschafft. Benjamin Stahl